»Zoff am Broadway« Konzert im Foyer des Theater Pforzheim am 19. Juni 2020

Publikum im Foyer des Theater Pforzheim
Foto: Ingrid Kernbach

Corona – das allumfassende Thema unserer Zeit – zwingt besonders Theater zu völlig neuen Plänen. Seit dem 13. März gab es auch am Theater Pforzheim keine Veranstaltungen mehr. Dabei stand so viel auf dem Programm, darunter die Derniere des Musicals »Everyman«, die Uraufführung des Musicals »Johanna Keppler«, die Premiere des Musicals »Titanic« und vieles mehr.

Am 18. Juni fand nun zum ersten Mal wieder eine Veranstaltung mit Publikum im Foyer statt, gefolgt am 19. Juni von einem Musicalabend unter dem Titel »Zoff am Broadway«. Natürlich gibt es viele Auflagen. Doch welcher der etwa 25 Zuschauer hätte deshalb darauf verzichten wollen? Ich denke, niemand.

Gleich am Einlass hieß es: »Maske auf und Hände desinfizieren.« Und natürlich einzeln eintreten.
Die Zuschauer saßen zu zweit an kleinen Bistrotischen, mit Sicherheitsabstand im Raum verteilt. Man darf sich etwas zu Trinken bestellen und auch während des Konzerts die Maske abnehmen, solange man am Tisch bleibt. Und etwas ist neu. Bitte nicht in die Hände klatschen, lieber Applaus in Taubstummensprache oder mit den Knöcheln auf den Tisch klopfen.
Da das Konzert nur 60 Minuten dauert, gibt es auch keine Pause. Denn sonst müsste erst mal der Saal wieder durchgelüftet werden.

Tenor Philipp Werner (r.) mit Pianist Philipp Haag (l.)
Foto: Ingrid Kernbach

All diese Instruktionen erhielten die Zuschauer von Tenor Philipp Werner, noch bevor es mit dem Konzert los gehen konnte. Er betonte, dass man als Stadttheater ja auch einen »Bildungsauftrag« habe und daher als Thema zwei bekannte Musicalkomponisten gewählt habe, deren Werke aber stilistisch sehr unterschiedlich seien, nämlich Jerry Herman (10. Juli 1931 bis 26. Dezember 2019) und Stephen Sondheim (*22. März 1930).
Beide gehören zu den erfolgreichsten Musicalschöpfern ihrer Zeit und waren zeitlebens von Jerry Herman damit auch direkte Konkurrenten. Deshalb war das Motto des Abends auch »Zoff am Broadway«.

Verglichen hat Philipp Werner die Musik der beiden mit einem Nachtisch, der unterschiedlicher kaum sein kann, nämlich Süßspeise kontra Käseplatte. Jerry Herman, dem wir Stücke wie »La Cage aux Folles« oder »Hello, Dolly!« verdanken, ist dabei die Süßspeise, Stephen Sondheim, der beispielsweise »Sweeny Tod« und »Into the Woods« schrieb, doch eher die Käseplatte. Wobei Sondheim zunächst nur als Liedtexter arbeitete und beispielweise für die Liedtexte der »West Side Story« von Leonhard Bernstein verantwortlich zeichnet. Nachdem sich die beiden (Bernstein und Sondheim) jedoch nicht ganz einig waren, beschloss Stephen Sondheim kurzerhand, nicht mehr nur zu texten, sondern auch selbst zu komponieren.

Das Programm des Abends enthielt allerdings auch Musicals, die in Deutschland nicht so sehr bekannt sind, wie zum Beispiel »Mack and Mabel«, »Dear World«, »Milk and Honey«, »Mame« und »The Grand Tour« von Jerry Herman. Aber natürlich auch Titel aus »Hello, Dolly!« und vor allem »La Cage aux Folles«.

Tenor Philipp Werner (r.) mit Pianist Philipp Haag (l.)
Foto: Ingrid Kernbach

Aufgeteilt war der Abend thematisch in 6 Blocks, wobei allerdings nur einer davon Stephen Sondheim gewidmet war. Von ihm gab es daher auch nur drei Lieder aus »Follies« und »A Little Night Music« zu hören, wobei das ›Send in the Clowns‹ sicher zu den bekanntesten Nummern gehört.
Zwischen den Blocks erklärte Philipp Werner, worum es in den einzelnen Musicals und Liedern ging, sodass die Zuhörer die durchgehend im englischen Original gesungenen Titeln immerhin in einen Kontext einordnen konnten.

Auffallend auch, dass viele Lieder eigentlich Frauenpartien waren, die dennoch von Tenor Philipp Werner, der seit der Saison 201//18 am Haus singt, bravourös gemeistert wurden. Da er vor zwei Jahren am Theater Pforzheim die Rolle Albin/Zaza in »La Cage aux Folles« spielte, gab es natürlich daraus auch mit gleich sechs Titeln den größten Block zu hören.

Begleitet wurde er am Flügel von Studienleiter und Namensvetter Philipp Haag, der ebenfalls zum Stab des Theaters gehört.
Nach einer Stunde ging die Veranstaltung wegen der Corona-Auflagen leider schon zu Ende. Das Programm wurde sicher dem »Bildungsauftrag« gerecht, es wurde viel Interessantes vermittelt und überzeugend vorgetragen.

Das Theater Pforzheim hat den Spielbetrieb mit Schwung wieder aufgenommen und schafft es dabei auch, die nötige Vorsicht walten zu lassen.

Ein weiterer Musical-Songabend mit Philipp Werner findet am 8. Juni um 18:00 im Foyer unter dem Titel »Variations of Love« statt.