Sicher wurde das Stück von Dennis Martin, Peter Scholz und Christof Jilo schon oft gespielt, doch die drei Wochen, die die »Die Päpstin« im Theaterhaus Stuttgart gastierte (10. August bis 31. August 2019), waren schon etwas Besonderes. Denn hochkarätige Darsteller wechselten sich in den verschiedenen Rollen ab.
Nur Sandy Mölling (Sally Bowles in »Cabaret«, Roxy Hart in »Chicago«) als Johanna, Uwe Kröger (schauspielerisch brilliant) als Aeskulapius und Stefanie Kock (präsent) in der Doppelrolle Mutter und Marioza bildeten eine feste Konstante.
Die Rolle des Gerold verkörperte hauptsächlich Hannes Staffler, aber auch Jan Ammann und einzelne Male auch Matthias Stockinger. Während Hannes Staffler die Rolle souverän durchspielte, gab Jan Ammann dem Gerold mit kleinen lustigen
Gesten seinen ganz eigenen Charakter. So trug Gerold »seine Frau« Richild und die kleine Johanna unterm Arm von der Bühne, hob auch locker die erwachsene Päpstin Johanna einfach hoch und lieferte sich mit Anastasius durch Blicke und Gesten heftige Duelle.
Die Rolle des Anastasius spielte meistens Christopher Brose. Sein Spiel war arrogant und zynisch, die Entwicklung vom braven Sohn zum Vatermörder überzeugend. Im Freudenhaus genoss er sichtlich die Zuwendungen der Damen.
Für ein paar Shows löste David Jakobs ihn in der Rolle des Intriganten ab. Auch er wirkte überzeugend im Spiel, zeigte sich in seiner Rolle im Freudenhaus dabei eher schüchtern und zurückhaltend.
Die Rolle von Johannas Vater teilten sich gleich mehrere Darsteller, darunter Hannes Staffler, Christopher Brose, Sebastian Weber und Chris Murray.
Alle spielten den Vater ganz unterschiedlich, besonders in der Szene, in der der Vater ins Kloster kommt und entdeckt, dass nicht sein Sohn, sondern seine Tochter dort Priester ist. Brose wirkte dabei etwas betrunken, Weber eher krank und Murray zunächst stolz auf den Sohn, doch dann wütend, als er erkennt, dass die Tochter sich im Kloster Fulda eingeschlichen hat.
In der kleinen, aber feinen Rolle des Abt Rabanus waren Stuttgarts Publikumslieblinge Felix Martin (Frollo in »Der Glöckner von Notre Dame«) und Kevin Tarte (in Stuttgart immer wieder als Graf von Krolock in »Tanz der Vampire) zu sehen. Beide spielten die Rolle klassisch, stimmlich sehr gut und wirkten dabei autoritär gegenüber Johanna.
Chris Murray, der die Rolle die meiste Zeit spielte, hatte dabei einen ganz anderen Ansatz. Er war eher der väterliche Freund für Johanna. Seine Betonungen gaben dem Rabanus einen ganz neuen Charakter, ein bisschen verschwörerisch und pfiffig. Mit seiner kraftvollen Stimme brachte er die »hohen Klostermauern« zum Beben und das Publikum zu minutenlangem Applaus.
Arsenius wurde überwiegend von Alexander Kerbst (Titelrolle in ›Falco‹) gespielt. Kerbst teilte sich die Rolle mit Sebastian Weber. Beide konnten überzeugen und unterschieden sich nicht spürbar in der Interpretation der Rolle.
Insgesamt waren alle Kombinationen gleichermaßen überzeugend und spielten gut zusammen.
Eine besonders positive Überraschung stellte Sandy Mölling dar, die sowohl stimmlich als auch schauspielerisch hervorragend war. Sie hat sich inzwischen vollkommen in die Musicalszene integriert.
Auch die Kinderdarsteller waren durchweg überzeugend. Erwähnenswert sind auch die beiden Artistinnen Vera Horn und Julia Sophie Ladner, die als Raben nicht nur die Übergänge der einzelnen Szenen überspielten, sondern die in vielen Szenen auch höchst wagemutige Tuchakrobatik hoch über der Bühne zeigten.
Das Bühnenbild ließ sich durch bewegliche Teile, die vom Ensemble verschoben und neu zusammengesetzt wurden, immer wieder variabel verändern. Dazu kamen schöne Lichteffekte.
Und auch wenn die Musik auch in Stuttgart in der für Neunkirchen erstellten überarbeitet erstellten Fassung eingespielt wurde, war »Die Päpstin« in der Regie von Benjamin Sahler und mit tragenden Choreographien von Stefanie Gröning überaus sehenswert.