Fiddler on the Roof / Anatevka

»Anatevka« von Jerry Bock (Musik), Sheldon Harnick (Liedtexte) und Joseph Stein (Buch)

MusikJerry Bock
BuchJoseph Stein
LiedtexteSheldon Harnick
Original TitelFiddler on the Roof
Deutscher TitelAnatevka
Vorlage»Anatevka« nach dem jiddischen Roman »Tewje, der Milchmann« von Scholem Alejchem
Deutsche ÜbersetzungRolf Merz
Deutsche ÜbersetzungGerhard Hagen
Verlag Musik und Bühne Verlagsgesellschaft mbH

Produktionen

Handlung

Wenn ich einmal reich wär…
… so beginnen die Tagträume des Milchmanns Tevje aus dem kleinen ukrainischen Dörfchen Anatevka, Anfang des 20. Jahrhunderts. Tevje ist ein frommer, humorvoller Mensch, der mit seiner Frau Golde und seinen Töchtern in Armut lebt.

Tevjes traditionsbewusste Lebensgestaltung gerät ins Wanken, als seine drei ältesten Töchter ins heiratsfähige Alter kommen. Eigentlich sollte Jente, die Heiratsvermittlerin, ihnen einen passenden Ehemann vermitteln. Seine älteste Tochter Zeitel hat er sogar schon dem wohlhabenden Fleischer Lazar Wolf versprochen, als diese ihm eröffnet, dass sie sich mit ihrem Jugendfreund, dem armen Schneider Mottel, verlobt hat. Hodel, die zweitälteste Tochter, verliebt sich in den Studenten Perchik aus Kiew, den Tevje als Hauslehrer für seine Töchter aufnimmt. Perchik hat revolutionäre Ideen und wird deswegen verhaftet. Die drittälteste Tochter Chava schließlich möchte einen nicht-jüdischen jungen Russen heiraten.

Tevje hadert mit den Heiratswünschen seiner Töchter, wägt in hintergründigen Monologen das Für und Wider ab. Nach anfänglicher Entrüstung trägt er es jedoch mit Fassung, dass er gezwungen wird, seine Lebensphilosophie zu korrigieren.

Doch dann gerät die Welt des Milchmanns aus den Fugen: Durch ein Pogrom wird die gesamte jüdische Bevölkerung aus Anatevka vertrieben.

Historie

  • Grundlage: 1895 verfasst Sholem Alejchem in Warschau für das jiddischsprachige Jahrbuch ‚Der Hoyz-fraynd‘ die Geschichte ‚Tefye Der Milkhiger‘ [Tevje, der Milchiger]. Bis 1914 kommen weitere Geschichten hinzu (‚Kinder von heute‘, ‚Hodel‘, ‚Chava‘ und ‚Zieh fort‘). Komplett im Druck erschienen: 1920, erste deutsche Übersetzung durch Alexander Elisaberg veröffentlicht 1922.
  • 1916: Erste dramatische Fassung der Tevje-Geschichten unter dem Titel ‚Tevye Der Milkhiger, familie bild in fir tsenes‘ [Tevje, der Milichige. Familienbild in vier Szenen]
  • 1919: Uraufführung am Yiddish Art Theatre in New York (USA) durch Maurice Schwartz
  • 1939: Verfilmung des Dramas in jiddischer Sprache unter dem Titel ‚Tevya‘
  • 16. September 1957: Uraufführung des Schauspiels ‚Tevye And His Daughters‘  von Arnold Perl am Carnegie Hall Playhouse in New York (USA) in einer Inszenierung von Howard da Silva
  • 1962: Verfilmung auf Grundlage von Arnorld Perls Drama durch Gerhard Klingenberg für den WDR unter dem Titel ‚Tevya und seine Töchter‘; Tevje spielt Alfred Balthoff
  • 22. September 1964: Broadway-Uraufführung des Musicals ‚Fiddler On the Roof‘ im Imperial Theatre, New York (USA) unter der Regie und Choreographie von Jerome Robbins mit Zero Mistel als ‚Tevje‘, bis 1991 erlebt das Stück hier 3 Wiederaufnahmen mit insgesamt 461 Vorstellungen
  • 1965: Die Broadway-Produktion gewinnt 9 Tony Awards
  • 21. Dezember 1966: Europäische Erstaufführung in den Niederlanden, für diese Aufführung wurde der Titel in ‚Anatevka‘ umbenannt
  • 16. Februar 1967: Premiere am Westend im Her Majesty’s Theatre in London (UK) mit Chaim Topol als ‚Tevje‘
  • Februar 1968: Deutschsprachige Erstaufführung im Operettenhaus, Hamburg mit Shmuel Rodensky als ‚Tevje‘
  • 1968: Verfilmung durch Menahem Golan unter dem Titel ‚Tuvia Vesheva Benetav‘ in hebräischer Sprache, später im deutschen Kino synchronisiert als ‚Tevje und seine sieben Töchter‘
  • 1969: Französische Erstaufführung im Théatre Marigny, Paris (F) mit Ivan Rebroff als ‚Tevje‘
  • 1971: Verfilmung durch Norman Jewison unter dem Titel ‚Fiddler on the Roof‘, nach dem Drehbuch von Joseph Stein, mit Chaim Topol als ‚Tevje‘; gefilmt vor allem in Kroatien und geehrt mit drei Academy Awards (Oscar)
  • seitdem zahlreiche Aufführungen in vielen Ländern
  • 2004: Neuinszenierung des ‚Fiddler on the Roof‘ durch David Leveaux im Minskoff Theatre in New York (USA), bis Januar 2006 781 Vorstellungen; der Song I Just Heard the Rumor (Jente und Dorfbewohner) wird durch den neuen Song Topsy-Turvy ersetzt
  • 6. Februar 2010: Premiere im Landestheater Coburg mit Stephan Mertl als ‚Tevje‘
  • 12. Juni 2010: Premiere im Staatstheater Darmstadt mit Monte Jaffe als ‚Tevje‘
  • 12. Februar 2011: Premiere im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen unter Regie von Peter Hailer mit Joachim G. Maaß als ‚Tevje‘
  • 9. Juni 2011: Premiere bei den Burgfestspielen Bad Vilbel unter Regie von Egon Baumgarten, mit Marco Jorge Rudolph als ‚Tevje‘, Marina Edelhagen als ‚Golde‘
  • 19. Juni 2012: Premiere in der Stiftsrunine bei den Bad Hersfelder Festspielen unter Regie von Stefan Huber mit Michael Schanze als ‚Tevje‘ und Marianne Larsen als ‚Golde‘
  • 1. September 2013: Premiere am Volkstheater Rostock unter Regie von Jürgen Pöckel, mit Peter Bause / Stephen Schreier als ‚Tevje‘ und Sandra Bleicher als ‚Golde‘

Musiktitel

AKT 1 AKT 2
TRADITION
(Tevje und Dorfbewohner)
NUN HAB ICH, WAS../IST ES LIEBE?
(Tevje, Hodel, Perchik, Golde)
MATCHMAKER
(Töchter)
ABSCHIED VOM ELTERNHAUS
(Tevje, Hodel)
WENN ICH EINMAL REICH WÄR‘
(Tevje)
KLEINER SPATZ, KLEINE CHAVALEH
(Tevje, Golde, Chava)
SABBAT-GEBET
(Tevje, Golde, Töchter, Perchik, Mottel, Dorfbewohner)
ANATEVKA
(Tevje, Golde, Dorfbewohner, Wachtmeister)
L’CHAIM, ZUM WOHL
(Tevje, Lazar Wolf, männliche Dorfbewohner, junge Russen)
WUNDER, EIN WUNDER
(Tevje, Golde, Töchter, Perchik, Mottel)
TEVJES TRAUM
(Tevje, Golde, Oma Zeitel, Rabbi, Fruma-Sara, Geisterhafte Besucher)
GESTERN-HEUTE
(Tevje, Golde, Zeitel, Mottel, Perchik, Hodel, Dorfbewohner)

Kulturhistorischer Hintergrund

Die Vertreibung der polnischen Juden aus Anatevka (im Musical angesiedelt in vorrevolutionärer Zeit, ca. 1905) hat langgewachsene historische Wurzeln. Denn die offizielle russische Politik erwies sich als wesentlich härter für die Juden als die unter der unabhängigen polnischen Herrschaft. Die Gebiete, die vorher polnisch gewesen waren, blieben die Heimat für viele Juden, als Katharina II. (die Große), die Zarin von Russland, 1772 den Ansiedlungsraumes festlegte und die Juden damit auf die westlichen Teile zurückdrängte, aber auch einige Gebiete ausschloss, in denen Juden zuvor gelebt hatten. Im späten 18. Jahrhundert lebten vier Millionen Juden im Ansiedlungsraum. Anfangs war die russische Politik gegenüber den polnischen Juden nicht eindeutig, weil sie zwischen strengen Regeln und aufgeklärterer Politik schwankte. 1802 führte Zar Alexander I. das ‚Komitee zur Verbesserung der Juden‚ ein und versuchte damit, einen Zugang zur neuen jüdischen Bevölkerung des Reiches zu entwickeln. Nach seinem Vorschlag sollten die Juden die Schule besuchen und sogar Land besitzen dürfen, aber er verbot ihnen, nach Russland einzureisen, verbannte sie von der Brauerei und erließ einige andere Verbote. Die aufgeklärteren Teile dieser Politik wurden nie vollständig umgesetzt und die Bedingungen für die Juden im Siedlungsgebiet verschlechterten sich immer mehr. Obwohl den Juden mit der Emanzipationsreform von 1861 unter Zar Alexander II. etwas mehr Rechte bewilligt wurden, waren sie immer noch auf das Siedlungsgebiet beschränkt und Einschränkungen in Besitz und Beruf unterworfen. Dieser aktuelle verhältnismäßig „moderate“ Zustand fand jedoch 1881 durch die Ermordung des Zaren Alexander II. ein Ende, da die Tat fälschlicherweise den Juden zugeschrieben wurde. Unter dem Eindruck der Ermordung seines Vaters hob Zar Alexander III. (1845-1894) fast alle Verbesserungen und Reformen auf und gab Polizeiapparat und Generalgouverneuren eine extrem große Macht, um seine Ruhe zu haben. Reformer und sozialistische Revolutionäre wurden schnell nach Sibirien deportiert.

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