Die unsterbliche Judy Garland – Wiederaufnahme von »End of the Rainbow« im Schlosspark Theater in Berlin

Katharine Mehrling als Show-Star Judy GarlandFoto: Der Dehmel

Katharine Mehrling als Show-Star Judy Garland
Foto: DEREDEHMEL/Urbschat

»Judy Garland ist unsterblich«, so lauten die Worte des Managers und engen Vertrauten Micky Deans in »End of the Rainbow«, einer musikalischen Hommage an Judy Garland. Doch das Stück ist viel mehr als eine musikalische Hommage, nämlich auch eine Ehrung Ihrer Persönlichkeit. Unsterblichkeit errang Garland mit ihrer Filmrolle als Dorothy in der Verfilmung von »The Wizard of Oz« im Jahre 1939 und dem Lied ›Over the Rainbow‹.

Kein Glück im privaten Leben - Judy Garland (Katharine Mehrling) und ihr neuer Verlobter Mickey Deans (Torben Krämer)Foto: DERDEHMEL/Urbschat

Kein Glück im privaten Leben – Judy Garland (Katharine Mehrling) und ihr neuer Verlobter Mickey Deans (Torben Krämer)
Foto: DERDEHMEL/Urbschat

Einen schillernden, Träume wahrmachenden Regenbogen gab es nur scheinbar in Judys von Erfolgen gekröntem Leben, eine schwierige Kindheit dank mütterlicher Erziehung und hartem Filmgeschäft sowie anknüpfender Erfolg mit harter Arbeit hinterließen ihre Spuren. Doch hat Judy nie aufgegeben, sondern sich aufgerafft und nach dem eigenen Regenbogen gesucht – bis sie im Jahre 1969 mit einem frühen Tod an einer Überdosis von Schlafmitteln in die Unsterblichkeit einging. Das wird in »End of the Rainbow« mit einem Buch von Peter Quilter und deutscher Fassung von Horst Johanning sowie jeder Menge Garland-Songs bis zum Ende hin ersichtlich. Das Musical handelt von den letzten Monaten in Garlands Leben, einem Versuch, den Namen Judy Garland als in der Öffentlichkeit umjubelte und verehrte Persönlichkeit in der Londoner »Talk of the Town«-Show wiederherzustellen beziehungsweise an ihn anzuknüpfen.

Die Wiederaufnahme in den Spielplan des Schlosspark Theaters Berlin seit der Uraufführung 2012 überzeugt auf allen Ebenen, auch wenn die in die Handlung eingebauten Songs die Handlung nicht weiter treiben, sondern eher ein Schmankerl für zwischendurch sind. Songs wie ›For Once in My Life‹ oder ›You Made Me Love You‹ unterstreichen dagegen die Gefühle in den Schauspielszenen. Und Letztere sind der Willkür des Judy Garland’schen Stimmungsbarometers ausgesetzt. In der einen Szene noch glücklich, schwungvoll – in der nächsten schon wieder melancholisch, depressiv, wütend oder gefühllos, stellt Katharine Mehrling die Frau auf dem Scherbenhaufen ihrer Selbst authentisch dar – zu früh vom Showbusiness und dem begleitenden Druck eingeholt sowie allein gelassen von der tablettenspendierfreudigen Mutter. Dass die Ex-Frau von vier Ehemännern – Langweiler, Dumpfbacke und Schwuchtel, wie sie unverblümt scherzt – mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hat, erklärt wohl den Umstand, dass das Stück keinerlei Referenz auf Tochter Liza Minnelli oder die beiden Töchter aus der Ehe mit Sid Luft nimmt.

Judy Garlands neue Liebe, ihr Manager und Verlobter Mickey Deans (Torben Krämer)Foto: DERDEHMEL/Urbschat

Judy Garlands neue Liebe, ihr Manager und Verlobter Mickey Deans (Torben Krämer)
Foto: DERDEHMEL/Urbschat

Das Buch kommt ohne Rückblicke und mit drei Personen aus. Unter der Regie von Folke Braband und dank humorvollen, ernsteren und wutentbrannten Dialogen reichen die Gegebenheiten völlig aus, ohne langweilig zu wirken. Das Bühnenbild von Stephan Dietrich besteht aus einer Flügeltür, einem Fenster, einer edlen Couch, Stuhl und einem Zimmerservice-Wagen. Das Klavier zur linken Seite wird bespielt und bleibt somit aktiver Bestandteil des Bühnenbildes. Die Tür und die Couch fahren zur Seite und setzen den Fokus auf die Show-Wand mit erleuchteten Buchstaben: JUDY oder einen Schminkspiegel in der Ecke. In den Szenen aus der Londoner Show, die fast alle Songs enthalten, kommt das Publikum in den Genuss des Show-Charakters. Dass die Konzertszenen manchmal blockweise auftreten, stört das Publikum überhaupt nicht. Katharine Mehrling bietet einen eleganten Auftritt und legt mit ihrer Gesangsstimme hervorragende Interpretationen hin. In rotem Zweiteiler und plüschigem Rock mit Federrand oder in einem glitzernden kleinen Schwarzen ist Judy Garland glamourös gekleidet, ebenfalls im privaten Satin-Nachthemd oder geschäftigen Mantel. Ton und Licht setzen vor allem in ihren Gesangsszenen den Spot auf den Star Judy Garland. Die Band unter musikalischer Leitung von Ferdinand von Seebach spielt mit Schwung auf.

Pianist Anthony (Christoph Schobesberger) versucht, Judy Garland (Katharine Mehrling) zu helfenFoto: DERDEHMEL/Urbschat

Pianist Anthony (Christoph Schobesberger) versucht, Judy Garland (Katharine Mehrling) zu helfen
Foto: DERDEHMEL/Urbschat

Judy steht zwischen ihrem Bald-Verlobten Nummer 5, Mickey Deans, und ihrem Pianisten Anthony, mit dem sie ebenfalls mehr als die Show in London verbindet. Torben Krämer als Mickey wird definitiv das auslösende Moment für den Tod von Judy Garland zugewiesen. Als Vertrauter sorgt er sich um Judy und möchte sie von ihrer Tabletten- und Alkoholsucht abbringen. Doch das hält er nicht lange durch, denn der Manager in ihm will gleichzeitig, dass die Show und die Karriere von Judy weitergehen. Daher tut er alles, um die Show zu retten, auch wenn das heißt, dass er Judy wieder mit Drogen versorgen muss. Diese hat gegen Ende des zweiten Teils einen besonders starken Moment, in dem sie die Tauben auf der Straße von ihrem Hotelzimmer mit dem von Mickey hinterlegten Vorrat an Tabletten füttert.

Christoph Schobesberger als Anthony steht als oftmals drittes Rad am Wagen da, versucht, Mickey davon zu überzeugen, dass er Judy mit den Drogen nur immer weiter in den Abgrund stößt anstatt ihr oder ihrem Image zu helfen. Er bietet Judy seine bedingungslose Liebe an, doch es ist Mickey, den sie nach der London-Show heiratet, bevor sie wenige Monate später stirbt. In der Schlussszene zitiert Mehrling ›Over the Rainbow‹ in Gedenken an Judy Garlands Traum. Das Publikum nahm die Wiederaufnahme der tragisch endenden Suche nach dem Regenbogen begeistert auf.

Bis 7. Januar 2018 ist das Stück im Schlosspark Theater Berlin im Repertoire zu sehen.