Lasst die Sonne nach Amstetten
Im Gespräch mit Marjan Shaki und Michael Souschek bei den Proben zu »Hair« in Amstetten

(v.l.): Michael Souschek, Barbara Obermeier, Marjan Shaki und Oliver ArnoFoto: Musical Sommer Amstetten / Gerhard Sengstschmid

(v.l.): Michael Souschek, Barbara Obermeier, Marjan Shaki und Oliver Arno
Foto: Musical Sommer Amstetten / Gerhard Sengstschmid

Am 19. Juli feierte das Musical »Hair« beim Musical Sommer Amstetten seine Premiere, wo es noch bis zum 12. August zu sehen ist.

Wir blicken noch einmal zurück auf einen Moment vor wenigen Wochen: Damals zogen nach erfolgreichen, intensiven und schweißtreibenden Proben in Wien Cast und Leading Team des diesjährigen Sommermusicals »Hair« an den Ort des Geschehens um – in die Pölz-Halle nach Amstetten. Der Ansturm auf die Tickets war groß, bereits die 6. Zusatzvorstellung wurde in den Verkauf gegeben.

Kurz vor Probenbeginn kam dann die für alle überraschende Nachricht: Publikumsliebling und Hauptdarsteller Drew Sarich gibt seine Rolle ab. Sarich erklärte seinen Ausstieg damit »lange nicht nur bis an [s]eine Grenzen gegangen, sondern darüber hinaus« gegangen zu sein (Das ausführliche Statement des Künstlers finden Sie unter: http://avb.amstetten.at/musicalsommer/news/).

Michael SouschekFoto: Gerhard Sengstschmid

Michael Souschek
Foto: Musical Sommer Amstetten / Gerhard Sengstschmid

Sehr schnell musste ein neuer »Berger« gefunden werden.

»Am Montag fingen die Proben an, am Sonntag bekam ich den Anruf«, erzählt der neue Hauptdarsteller Michael Souschek. »Ich war überrascht und ehrlich gestanden auch ein wenig überfordert.«

Souschek, der soeben sein Engagement bei »Don Camillo & Peppone« im Wiener Ronacher beendet hat, hatte sich ebenfalls für die Rolle des Berger beworben, sich dann aber Sarich geschlagen geben müssen.

»Es ist eine Traumrolle, aber eine Riesenrolle«, so Souschek, »und man darf nicht vergessen, dass ich Drew Sarich ersetze. Keine leichte Aufgabe, aber ich ziehe mein Ding durch. Hinzu kommt, dass ich viel von Berger in mir trage. Ich bin ein sehr körperlicher und impulsiver Mensch, das kommt mir hier gelegen, auch wenn man viel Kondition bei diesem Stück haben muss. Hier wäre wohl eher Woof, der ruhige Typ, die Rolle die ich eigentlich hätte spielen sollen, eine Herausforderung gewesen.«

Marjan ShakiMusical Sommer Amstetten / Gerhard Sengstschmid

Marjan Shaki
Musical Sommer Amstetten / Gerhard Sengstschmid

»Irgendwie trägt doch jeder Mensch alles in sich«, wirft Marjan Shaki ein. Die 36-Jährige wird in der Rolle der »Sheila« zu sehen sein, der Revoluzzerin, die unsterblich in Berger verliebt ist. Trotz langjähriger Bühnenerfahrung ist sich auch Shaki der Herausforderung bewusst: »›Hair‹ ist sehr emotional, in jeder Beziehung eine Berg- und Talfahrt, man ist als Darsteller nach dem Durchlauf so erschöpft wie beispielsweise nach einem Streit.«

Alex Balga, der Regisseur, versucht, sein Team in diesen Momenten wieder aufzubauen. »Mit Alex haben wir Glück, denn er macht aus dem Stück schon fast eine Therapie«, so Souschek. Dem stimmt auch Shaki zu: »Es gibt Regisseure, die reißen dich sprichwörtlich auf und lassen dich dann offen liegen. Das ist bei Alex nicht so. Er versucht stets, das Ganze abzurunden, sodass man am Ende wieder gestärkt aus den Proben geht.«

Identifizieren kann Shaki sich mit jeder Rolle auf eine gewisse Art und Weise: »Bei jeder Person kann ich ein Stück davon in mir finden. Außerdem bin ich ein Mensch, der nicht gleich verurteilt, sondern nach den Hintergründen sucht, nach der Biographie fragt, welche eine Person vielleicht dazu bringt, gewisse Sachen zu tun. Sheila ist eine Tochter aus gutem Haus, die für eine gute Sache kämpft. Obwohl Frieden und Kampf für mich persönlich an sich nicht zu vereinbaren sind.«

Die junge Darstellerin kennt sich mit diesem Thema aus. Seit Jahren veranstaltet sie gemeinsam mit Partner Lukas Perman Charity-Veranstaltungen und hat mit ihm auch die Organisation »Gemeinsam für Haiti« gegründet. Sie sieht hier Parallelen: »So kann man die Menschen am Besten erreichen. Wir sind alle schon so überladen von schlechten Nachrichten und Berichten aus dem Internet. Doch mit einem Stück wie ›Hair‹ kann man Leute gut unterhalten, weiß aber dennoch, dass sie – hoffentlich – mit einer Message das Theater verlassen, über die sie nachdenken können. Schließlich ist dieses Stück zeitlos. Es war damals ebenso aktuell, wie es das heute ist.«

(v.l.): Oliver Arno, Marjan Shaki, Michael Souschek, Barbara Obermeier Foto: Musical Sommer Amstetten / Gerhard Sengstschmid

(v.l.): Oliver Arno, Marjan Shaki, Michael Souschek, Barbara Obermeier
Foto: Musical Sommer Amstetten / Gerhard Sengstschmid

Wichtig ist Regisseur Balga – da sind sich Souschek und Shaki einig –, alles aus den Persönlichkeiten der Darsteller herauszuholen. »Manche Regisseure sagen: Jetzt wäre es gut, wenn du weinst«, so Shaki. »Das finde ich furchtbar. Die Emotionen müssen real sein. Und Alex geht es bei ›Hair‹ um echte Menschen und echte Dialoge. Schließlich könnte jeder von uns Sheila oder Berger sein!«

Für Michael Souschek ist »Hair«, wie bereits erwähnt, die Folgeproduktion von »Don Camillo & Peppone« im Wiener Ronacher. Hier war er als Cover für die Rolle des Mariolino besetzt – ein junger Kommunist, der für eine bessere Welt kämpft. »Mariolino und Berger sind sich gar nicht so unähnlich«, so der gebürtige Argentinier. »Beide wünschen sich Frieden. Aber charakterlich gibt es dann doch Unterschiede. Mariolino liebt seine Freundin wirklich«, lacht er.
Mit Drew Sarich wurde vorab auch und nach wie vor kommuniziert: »Ja, wir sprechen miteinander«, so Souschek, »dennoch muss ich meinen eigenen Berger kreieren. Ich studiere das Skript genau, ziehe viel daraus und frage mich: Was will ich als Berger erreichen?«

Es ist nicht das erste Mal, dass »Hair« in Amstetten gespielt wird. Bereits vor zehn Jahren machte das Musical Halt in Niederösterreich: damals mit Rob Fowler in der Rolle des Berger und Mark Seibert als Claude. Heute steht Souschek als Berger Oliver Arno in der Rolle des Claude gegenüber.

Die Proben laufen laut der Darsteller sehr erfolgreich, bereits jetzt ist das ganze Stück durchgespielt. Die typische »Flower Power« wird es in Amstetten in diesem Jahr nicht geben. Kein »Zirkuszelt«, lautet das Statement. Was das Publikum an Kostümen erwartet, bleibt noch ein Geheimnis. Davon sollen sich die Zuschauer selbst ein Bild machen.

Was uns sonst erwartet? »Ich habe ehrlich gesagt gar nicht gewusst, was für tolle Musik ›Hair‹ bietet«, gibt Shaki zu. »Natürlich kennt jeder die klassischen Titel, wie beispielsweise ›Aquarius‹, aber da steckt noch so viel mehr drin!«

Souschek und Shaki wünschen sich, dass die Menschen sowohl nachdenklich als auch mit guter Laune nach Hause fahren. »Auch die Liebesbeziehung der beiden Protagonisten ist eine besondere«, sind beide sich sicher. »Es ist eine sehr dynamische und vor allem sehr intensive Partnerschaft. Man kann sich ausprobieren und an seine Grenzen gehen.« Der Einsatz, die Kraft und die Energie, die der Tribe zeigt, soll den Zuschauern vor allem in Zeiten wie diesen eines vermitteln: »Spread Love – Not War!«.

Ob das gelingt, können Sie noch bis zum 12. Augst 2017 selbst beurteilen.