Professionalität und Spielfreude

»Company« als Abschlusspräsentation der Absolventen von der Joop van den Ende Academy in Hamburg

Du treibst einen glatt zum Wahnsinn Kathy (Annakatrin Naderer), Martha (Elisabeth Köstner) und April (Céline Vogt ) lassen kein gutes Haar an Robert (Jan Schwartzkopff). Foto: Stage Entertainment

›Du treibst einen glatt zum Wahnsinn‹
Kathy (Annakatrin Naderer), Marta (Elisabeth Köstner) und April (Céline Vogt ) lassen kein gutes Haar an Robert (Jan Schwartzkopff).
Foto: Stage Entertainment

Zum ersten Mal präsentieren die Absolventen der Hamburger Joop van den Ende Academy ein bereits etabliertes Musical: »Company – A Musical Comedy« von Stephen Sondheim und George Furth.
Innerhalb von fünf intensiven Probenwochen studierten die Absolventen unter der Regie von Ulrich Wiggers und der musikalischen Leitung von Perrin Manzer Allen sowie Bandleader Fabian Schubert den Klassiker ein. Michael Kunze, von dem die deutsche Fassung stammt, ließ es sich nicht nehmen, bei der Premiere dieses ehrgeizigen Projekts am 17. Februar 2012 im Hamburger Kehrwieder Theater dabei zu sein.

Schon 30 und immer noch Single. Kein Problem für Robert, den seine Freunde – ausschließlich Paare – deswegen bemitleiden und gleichzeitig beneiden, und ihn zu seinem Geburtstag regelmäßig mit einer Geburtstagsparty überraschen. Bei den verschiedenen Essenseinladungen erlebt Robert die verschiedenen Facetten ehelichen Glücks und die Brüchigkeit von Beziehungen. Alkoholprobleme, Seitensprünge und Gehässigkeiten sind an der Tagesordnung, doch seine Freunde möchten, dass Robert genau so glücklich verheiratet ist wie sie.

Die 12 Absolventen, unterstützt von drei Schülern aus dem 3. Semester, haben die verschiedenen Charaktere in der kurzen Probenzeit erstaunlich gut herausgearbeitet und konnten individuelle Facetten ihres Könnens zeigen.

Sehr passend zur Psychologie des Stückes ist die Idee des Regisseurs, Robert von zwei Darstellern spielen zu lassen: Jan Schwartzkopff als real existierender Robert spielt den Single glaubwürdig, der dem Umfeld mit Freundlichkeit oder zumindest einem höflichen Lächeln begegnet. Gleichzeitig werden Roberts Gedanken von Philipp Dietrich mit Ironie und teilweise gnadenloser Offenheit dargestellt. Durch das emotionale Wechselspiel der beiden Darsteller wird sehr gut deutlich, wie Robert einerseits vom Phänomen Beziehung angezogen wird, andererseits aber auch die Vorteile des Single-Daseins genießt. Die beiden Akteure harmonieren miteinander und verschmelzen geradezu zu einer Person auf der Bühne.
Aber auch die fünf Ehepaare und drei Single-Frauen, mit denen Robert sich trifft, wurden von den Darstellern authentisch und mit viel Witz und Charme präsentiert.

Larry (Robin Koger) vergöttert seinen männermordenden Vamp Joanne (Madeleine Lauw). Foto: Stage Entertainment

Larry (Robin Koger) vergöttert seinen männermordenden Vamp Joanne (Madeleine Lauw). Foto: Stage Entertainment

Um sich eine eigene Meinung zum Thema Partnerschaft zu bilden, lässt Robert sich im Laufe des Stücks auf mehrere Frauen ein, die unterschiedlicher kaum sein können: April (Céline Vogt), eine Stewardess mit Intelligenz-Defiziten, Marta (Elisabeth Köstner), eine Hippie-Frau, die Ihre Lebensenergie aus New York zieht und Kathy (Annakathrin Naderer), die wiederum New York hasst und ein ruhigeres Leben auf dem Land vorzieht. Alle drei überzeugen in Ihrem Spiel und schöpfen die Möglichkeiten der jeweiligen Rollen gut aus. Den charakterlich auffälligsten Part hierbei hat Cèline Vogt erwischt, die in ihrer Rolle des Dummchens April für den einen oder anderen Fremdschämaugenblick sorgen kann.

Aber auch die verschiedenen Ehepaare Sarah (Stéphanie Signer) & Harry (Markus Schabbing), Susan (Eva Serrarens) & Peter (Tobias Brönner), Jenny (Shari Lynn Stewen) & David (Niklas Abel), Amy (Alice Hanimyan) & Paul (Fabian Kaiser), Joanne (Madeleine Lauw) & Larry (Robin Koger), die mit Alkohol, Diätwahn, Seitensprüngen, Spießigkeit, Manien und Scheidung kämpfen, überzeugten schauspielerisch in ihren Rollen und sorgten dafür, dass sich Robert vorerst nicht nach einem Eheleben sehnt und sein Single-Dasein genießt, sich aber im späteren Verlauf doch eine langfristige Beziehung mit all ihren Schwierigkeiten wünscht. Stimmlich war den Absolventen ihr Lampenfieber nur ab und zu anzumerken.

Begleitet und unterstützt wurden die Protagonisten von der hervorragend aufgelegten Liveband unter Leitung von Fabian Schubert am ersten Keyboard.

Die kleine Bühne des Kehrwieder Theaters wurde durch zwei Treppen und eine Galerie geschickt in mehrere Ebenen aufgeteilt, unterstützt von einem ausgeklügelten Lichtdesign, das sich in von innen mit RGB-LED beleuchteten, flexiblen Würfeln und einer ebenfalls beleuchteten Wand fortsetzte. Mit diesen wenigen Elementen wurden die unterschiedlichen Wohnungen glaubhaft dargestellt, einzig die Beleuchtung auf der Galerie erschien ab und zu ein wenig zu dunkel, sodass hier das Geschehen für das Publikum kaum wahrgenommen werden konnte. Die unterschiedlichen Ebenen wurden vielseitig in die gelungenen Choreographien (Kati Heidebrecht) integriert, einzig bei den Tanzszenen, in denen alle Darsteller zusammen auf der unteren Ebene agierten, wurde es ein wenig eng auf der Bühne.

Herz an Herz an Herz: von oben links: Harry (Markus Schabbing), Robert (Jan Schwartzkopff), Peter (Tobias Brönner) Mittlere Reihe: Sarah (Stéphanie Signer), David (Niklas Abel), Roberts Gedanken (Philipp Dietrich), Susan (Eva Serrarens), Larry (Robin Koger) Untere Reihe: Paul (Fabian Kaiser), Jenny (Shari Lynn Stewen), Joanne (Madeleine Lauw), Amy (Alice Hanimyan). Foto: Stage Entertainment

›Herz an Herz an Herz‹
von oben links: Harry (Markus Schabbing), Robert (Jan Schwartzkopff), Peter (Tobias Brönner)
Mittlere Reihe: Sarah (Stéphanie Signer), David (Niklas Abel), Roberts Gedanken (Philipp Dietrich), Susan (Eva Serrarens), Larry (Robin Koger). Untere Reihe: Paul (Fabian Kaiser), Jenny (Shari Lynn Stewen), Joanne (Madeleine Lauw), Amy (Alice Hanimyan). Foto: Stage Entertainment

Bemerkenswert war die Spielfreude, die dem Publikum bereits ab der ersten Minute entgegen kam, die Darsteller „brannten“ für ihre Darstellung und konnten das mühelos über den Bühnenrand hinweg transportieren.

Es war deutlich zu merken, dass alle sehr gut vorbereitet waren und in den letzten drei Jahren viel miteinander erlebt haben. Mit »Company« wurde auch ein schweres Stück ausgesucht, bei dem bedingt durch den hohen Sprachanteil viel Text zu erarbeiten ist. Von fehlender Routine, Nervosität oder gar Fehlern war während der knapp 2,5 Stunden nach dem ersten Freispielen nichts mehr zu merken.