Mal darf eine starke Wandlung durchmachen

Ethan Freeman über seine Rolle als Mal Beineke

Ethan Freeman. Foto: Sandra Reichel

Ethan Freeman. Foto: Sandra Reichel

United Musicals: Was für eine Person ist der Mal Beineke?

Ethan Freeman: Darüber gab es manche Diskussionen, auch mit dem Regisseur Andreas Gergen. Als Amerikaner habe ich einen etwas anderen Blickwinkel auf Menschen aus meiner Heimat als Deutsche. Für mich ist Herr Beineke ein Mann mittleren Alters, der sich extrem den Alltagspflichten gewidmet hat, auf Kosten seiner Rolle in der Familie als Mann und Vater. Hier besteht Konfliktpotenzial: Seine Frau verbirgt ihren Schmerz darüber, dass er kalt, steif und rigide in seinem Denken geworden ist. Es gab eine Zeit, in der er freier war und das Leben mehr genießen konnte, doch das hat er längst im Stress des Alltags vergessen. Deshalb ist er jetzt unsicher, hart und seiner Frau gegenüber etwas kühl. Er kommt aus dem mittleren Westen der USA. Dort leben schon von Grund auf Menschen, die nicht wie Gomez Addams sofort und sehr viel reden, sondern in ihrer Art eher ruhig sind. Mal Beineke lehnt emotionale Ausbrüche ab. Durch die Begegnung mit der Familie Addams brechen die verhärteten Strukturen auf und er muss sich mit dem Verhältnis zu seiner Frau und seinem Sohn auseinandersetzen. Damit ist er die Figur, die eine der stärksten Wandlungen im Stück durchmachen darf. Es ist eine kleine, aber sehr schöne Rolle, da man all diese Änderungen und Entwicklungen spielen und zeigen darf. In diesem Fall erlebt Mal eine positive Rückentwicklung. Zugleich ist er der Antagonist zu Gomez, obwohl er kein klassischer Bösewicht ist, denn das Stück ist eine reine Komödie, die zum Unterhalten und Lachen gemacht ist. Mal Beineke erfüllt die Aufgabe des „straight man“.

UM: Hat er auch ein Problem mit seiner zukünftigen Schwiegertochter?

EF: Da hat er gar nicht drüber nachgedacht. Er findet es dämlich, dass sie nach einem Wochentag benannt ist. (lacht) Aber wenn ich an seiner Stelle die zukünftige Schwiegerfamilie kennenlernen würde, fände ich das auch sehr seltsam, in dieser Hinsicht kann ich ihn verstehen. Aber er glaubt gar nicht, dass die Sache so ernst ist. Doch es kommt alles anders, als er denkt. Aber am Ende sieht er ein, dass es sich um eine große Liebe zwischen den beiden handelt.

Mal Beineke. Foto: Birgit Bernds

UM: Wie schwierig ist es für Sie, der als Mal mit den skurrilen Situationen konfrontiert wird, ernst zu bleiben?

EF: Ich hoffe, das wird weniger schwierig mit der Zeit. (lacht) Aktuell ist es sehr schwer. Nicht wegen der Gags, diese kannte ich aus der Broadwayfassung. Es ist eher das Lachen des Publikums, dass es mir erschwert, meine ernste Miene beizubehalten. Das ist ein bisschen das Problem des „straight man“, er ist die passive Annahmestation für die Scherze. Die anderen dürfen Scherze aktiv ausgestalten, ich darf nur beobachten und muss alles auf mich zukommen lassen. Bei der ersten Preview ist mir das nicht gelungen, ich hoffe, dass es jetzt besser wird und ich meine Professionalität zurückgewinne. (lacht)

UM: Wie empfinden Sie das Stück musikalisch?

EF: Es lebt von einem klassischen Broadwaysound, das ist nicht unbedingt neu, aber schön. Es gibt ein paar sehr cool klingende, jazzige Nummern, ein bisschen scharfer Latino-Pop, sehr viel Standards und chansonhafte Balladen. Ich finde es gut, dass für jeden Geschmack etwas dabei ist. Die Jungen singen aktuell klingende Musik, die Älteren haben etwas mehr romantische, chansonartige Nummern. Doch vor allem handwerklich ist alles richtig gut gemacht und die Band klingt erstklassig. Es sind 13 Musiker, das ist toll – für heutige Verhältnisse schon ein großes Orchester.

UM: Wie empfinden Sie als Muttersprachler die deutsche Adaption?

EF: Es gibt natürlich kleine Verluste durch die Übertragung aus dem amerikanischen Original. Andere Stellen wurden an das deutsche Verständnis angepasst und optimiert, aber im Großen und Ganzen sind die Dialoge sehr gelungen. Gewisse Wortwitze funktionieren im Deutschen einfach nicht oder es ändert sich die Bedeutung ganz leicht, aber in diesem Fall spielt man die Idee und nicht den Text wortwörtlich.

UM: Vielen Dank für das anregende Interview und eine erfolgreiche Spielzeit.

Das Interview führten Birgit Bernds & Barbara Kern