Das Publikum mitnehmen

Interview mit den Interpreten von »Songs for a New World« im Wilhelma Theater in Stuttgart

Am 13. Dezember 2009 fand im Stuttgarter Wilhelma Theater die Premiere des Musicals »Songs for a New World« statt. Die Produktion ist das erste eigene Projekt des 2009 gegründeten ‚New World Musical Ensembles‘. Wir sprachen mit Verantwortlichen und Künstlern darüber, wie es zur Gründung des Ensembles und zur Aufführung des Stückes kam.

Willemijn Verkaik.Foto: Marc Stern

Willemijn Verkaik.
Foto: Marc Stern

United Musicals: Willemijn Verkaik, Sie sind Produzentin des Stückes und stehen zugleich als Darstellerin in »Songs for a New World« von Jason Robert Brown auf der Bühne. Wie kam es dazu?

Willemijn Verkaik: Die Idee dazu kam ziemlich spontan. Hannes Schauz, der musikalische Leiter, und ich waren beide begeistert von dieser unglaublich schönen Musik und hatten den Traum, »Songs for a New World« auf die Bühne zu bringen. Wir haben uns gedacht, probieren wir es einfach. Nach und nach kamen uns immer mehr Ideen, wie es aussehen könnte. Freunde und Kollegen fanden die Idee cool und haben Interesse daran gezeigt, dabei zu sein. Band und Cast fand sich zusammen und alles wurde immer schöner. Wir haben sehr viel Spaß daran gehabt, die Songs einzustudieren. Und jetzt stehen wir hier im Wilhelma Theater (lacht), das hätten wir nie zu träumen gewagt.

UM: Leider gibt es in Deutschland viel zu selten solche engagierten Produktionen.

WV: Das stimmt, und wir sind dankbar dafür, dass wir es ausprobieren durften. Dass es so gut angekommen ist, ist wirklich fantastisch. Es gibt noch mehr tolle Stücke wie »Songs for a New World«, die eine Chance verdient hätten, wieder aufgeführt zu werden.

UM: Der nicht enden wollende Applaus heute Abend zeigt, wie sehr ihr das Publikum begeistern konntet. Gibt es schon Planungen für weitere Theater?

WV: Nein, wir haben erst einmal für diese zwei Tage geplant, weil wir alles ganz vorsichtig angehen wollten, um zu sehen wie es ankommt.Doch jetzt haben so viele Leute schon ihr Interesse gezeigt, so dass wir Hoffnung haben, dass es mit »Songs for a New World« weitergeht.

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David-Michael Johnson.
Foto: Marc Stern

United Musicals: DMJ, wie kam es zu Ihrer Mitwirkung an »Songs for a New World«?

DMJ: Willemijn Verkaik und Hannes Schauz, unser musikalischer Leiter, hatten ja zuerst die Idee zu dem Projekt. Nach unserer Premiere von »We Will Rock You« in Stuttgart kam »die grüne Hexe« zu mir und sagte: »DMJ, wir müssen die ‚Songs for a New World‘ machen und Du bist dabei!« Und wenn Willemijn fragt, dann sagt man einfach „Ja“ (lacht). Sie ist wirklich eine tolle Persönlichkeit und eine wunderbare Sängerin, ich kann nichts anderes tun, als Lob über sie zu schreien, zu sagen und zu singen. Ich kenne Willemijn seit 5 Jahren, wir haben zusammen »We Will Rock You« gemacht, sie war damals im Ensemble. Und sie ist immer die gleiche Willemijn geblieben, keine große Diva. Wenn man mit ihr auf der Bühne steht, hat man einfach den Anspruch gut zu sein, um ihr gerecht zu werden.

UM: Was reizt Sie persönlich an dem Stück?

DMJ: »Songs for a New World« ist ein großes Experiment, da es kein traditionelles Musical ist. Jeder Song steht für sich selbst und erzählt eine eigene Geschichte. Und dann ist da die große Frage: Was macht man, wenn sich plötzlich alles im Leben verändert? Musikalisch ist das Stück eine große Herausforderung: es hat so tolle Musik und die Chöre sind wunderbar. Die andere Herausforderung für mich ist es, einer der Produzenten zu sein. Für mich ist das ein großes Erlebnis (lacht), aber ein gutes! Ich habe viel gelernt in den letzten 20 Jahren. Und wir arbeiten hier auf einem hohen Niveau. Wir wissen, was wir zu machen haben und erhalten große Unterstützung von unseren Kollegen, den Ton- und Lichttechnikern aus dem Apollo und dem Palladium Theater. So können wir darauf vertrauen, dass es gut wird.

UM: Wie schwierig war es für Euch alle, gemeinsame Zeit zum Proben zu finden?

DMJ: Das war eine weitere Herausforderung: Willemijn, Mathias und ich wohnen in Stuttgart, Dominique und Hannes dagegen in Hamburg, und unser Regisseur Léon van Leeuwenberg macht zeitgleich »Hairspray« in Köln, die Planungen waren wirklich sehr schwierig. Wir haben seit Monaten keine freien Tage mehr. Im Februar haben wir begonnen uns zu treffen um die Songs einzustudieren, ab September haben wir dann richtig losgelegt. Wir können es uns nur deshalb erlauben, neue Dinge auszuprobieren, weil wir gute Jobs haben. In den USA gibt es die »Monday-Night-Events«, an denen die Darsteller der großen Broadway Produktionen im kleinen Rahmen eigene Programme und Sessions machen. Das ist eine gute Sache. »Songs for a New World« ist unser ‚Labor of Love‘. Für uns ist das wie ein Hobby und es ist auch ein großes Dankeschön an unsere Fans.

Mathias Edenborn.
Foto: Marc Stern

United Musicals: Mathias Edenborn, in »Songs for a New World« gibt es vier Darsteller, deren Namen gleich bleiben, während sie verschiedene Rollen durchleben.

ME: Ja, es ist schwer einen roten Faden für die eigene Rolle zu finden, weil jedes Lied ein kleines Musical in sich ist. Ich denke, ich habe ihn für meine Rolle gefunden und weiß, welchen Charakter sie besitzt. Einen eigentlichen Zusammenhang gibt es jedoch nicht.

UM: Was ist für Sie das Besondere an diesem Stück?

ME: Für mich ist es eine großartige Möglichkeit, meine künstlerische Freiheit zu leben. Willemijn Verkaik, Dominique Aref, DMJ und ich, wir sind richtig dicke Freunde geworden, und in diesem Stück können wir alle sehr kreativ sein. Normalerweise wird einem in einer Produktion genau gesagt, was man machen soll, und was nicht. In diesem Fall konnte ich intensiver – in die Tiefe – arbeiten. Und das was wir tun, dringt tiefer in uns ein. Außerdem ist die Musik sehr intelligent. Wir singen nun seit Anfang des Jahres zusammen und es wird immer schöner, weil die Musik in uns wächst. Das Stück ist Theatermagie pur, es gibt keine großen Szenen mit aufwändigen Bühnenkulissen. Wir haben eine kleine Bühne, eine großartige Band und die tolle Musik, die davon abhängig ist, wie gut wir unsere Gefühle zum Ausdruck bringen. Im »König der Löwen« gibt es den einen Moment, in dem Papa Löwe seine Kopfbedeckung abnimmt, sie zur Seite legt und mit seinem Sohn spricht. Genau um diesen Moment geht es. Das ist Theater. Es geht nicht darum, alles genau so zu zeigen, wie es in der Realität aussieht, sondern darum, das Publikum mitzunehmen, es mitfühlen und mitdenken zu lassen.

Vielen Dank Ihnen drei für die Einblicke in die Gründung des ‚New World Musical Ensembles‘ und die Produktion von »Songs for a New World«. Wir wünschen alles Gute für dieses und folgende Projekte.