»Inselkomödie – oder Lysistrate und die NATO« von Rolf Hochhuth (Buch und Liedtexte) und Florian Fries (Musik)
Musik | Florian Fries |
Buch & Liedtexte | Rolf Hochhuth |
Original Titel | Inselkomödie – oder Lysistrate und die NATO |
Vorlage | Der Roman »Inselkomödie« (ursprünglicher Titel: »Lysistrate und die NATO«) von Rolf Hochhuth aus dem Jahr 1973 (Paraphrase der Aristophanes-Komödie »Lysistrata« - 400 v. Chr.) vor dem Hintergrund der geplanten Errichtung eines US-Raketenstützpunktes auf einer ägäischen Insel |
Uraufführung |
Am 30. Juli 2010
im Theater am Schiffbauerdamm Berlin unter Regie von Heiko Stang
Inselkomödie – oder Lysistrate und die NATO (Berlin 2010)
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Produktionen
Artikel in blickpunkt musical
Handlung
Ende der 1960er Jahre wollen die USA auf einer ungenannten Insel in der Ägäis einen Raketenstützpunkt errichten wollen. Die Frauen der Insel fürchten, dass dieser Plan ihre Heimat im Ernstfall zum Ziel russischer Raketen machen würde. Mobilisiert von der Parlamentsabgeordneten Dr. Lysistrate Soulidis, die von dieser Insel stammt, fassen sie den Entschluss, ihren Männern, die ihr Land an die Amerikaner verschachern wollen, den Beischlaf zu verweigern. Die Frauen quartieren sich im einzigen Gasthof der Insel ein, schlagen einen »Eroberungszug« ihrer Männer erfolgreich zurück und verführen die ebenfalls im Gasthof logierenden Offiziere der griechischen Armee, die zur Erkundung geeigneter Standorte für die Raketenbasis auf die Insel gekommen waren. Die erotischen Abenteuer sorgen nicht nur für manche Turbulenzen, sondern dank der klugen Strategie der Frauen sehen sich die Militärs am Ende auch gezwungen, die Finanzierung eines von den Frauen geplanten Touristenzentrums zu übernehmen – als friedliche Alternative zu der von den Männern geplanten militärischen Nutzung der Insel.
Doch dann ändert sich schlagartig alles: Aus dem Radio erklingt die griechische Nationalhymne – die »Hymne an die Freiheit« (die seit jeher in Gestalt einer Frau verkörpert wird). … In Athen haben die Obristen geputscht; der Ausnahmezustand ist verhängt worden, der König hat die Putschisten als neue Regierung bereits vereidigt; die Inselbewohner gehen in den Untergrund. Während die Nationalhymne ihrem Fortissimo entgegenlärmt, fällt der Vorhang.
Historie
- Grundlage: Der Roman »Inselkomödie« (ursprünglicher Titel: »Lysistrate und die NATO«) von Rolf Hochhuth aus dem Jahr 1973 (Paraphrase der Aristophanes-Komödie »Lysistrata« – 400 v. Chr.) vor dem Hintergrund der geplanten Errichtung eines US-Raketenstützpunktes auf einer ägäischen Insel
- 1974: Zeitgleiche Uraufführung des Schauspiels von »Lysistrate und die NATO« an den Städtischen Bühnen Essen in einer Inszenierung von Erich Schumacher mit Ellen Schwiers und vom Volkstheater Wien unter der Regie von Peter Lotschak mit Barbara Petrisch in der Titelrolle
- Anfang 1990er Jahre: Komplette Überarbeitung und Kürzung
- 1993: Veröffentlichung im Rohwolt-Verlag unter dem Titel »Inselkomödie« und Hochhuth verfasste Liedtexte, um die Verwendung als Musiktheaterstück verwendbar zu machen
- 2004: Schlagerkomponist Christian Bruhn (Marmor, Stein und Eisen bricht) sollte die Musik schreiben, es kam aber nur zu Entwürfen
- Sommer 2009: Hochhuth trifft auf den jungen Komponisten und Pianisten Florian Fries, der für seine Inszenierung des Kriegs-Dramas »Sommer 14 – Totentanz« fünf Gedichte als Schauspielmusiken vertonte. Er komponierte und spielte für die Stückfassung mehrere Songs, die Hochhuth so beeindruckten, dass er Fries anbot, die »Inselkomödie« zu musikalisieren
30. Juli 2010: Uraufführung des Musicals »Inselkomödie oder Lysistrate und die NATO« mit der Musik von Florian Fries im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin unter der Regie von Mia Kaspari, u.a. mit Johannes Heesters, Caroline Beil, Isabel Dörfler, Jan-Andreas Kemna
Musiktitel
Akt 1 – Nur eine Panzerkette | | |
Ouvertüre | instrumental | |
Schon Homer | Ensemble | |
Das Muss | Kalonike, Stavros | |
Lied des Popen | Der Pope | |
Ehestreik 1 | Dr. Lysistrate Soulidis, Kalonike, Tina, Ariadne | |
Kurier mich, Schlaf | Dr. Lysistrate Soulidis | |
Lügen haben schöne Beine 1 | Tsifras, Kalonike | |
Ehestreik 2 | Dr. Lysistrate Soulidis, Kalonike, Tina, Ariadne | |
Ehe ist die Liebe ohne Sehnsucht | Tina, Miranda, Ariadne | |
Akt 2 – Politik: Das Geld anderer Leute | | |
Überleitung | instrumental | |
Frauen sind das stärkere Geschlecht | Der Minister a.D | |
Kontinuität | Der Minister a.D | |
Soldaten | Notaras, Oberst Manussis, Leutnant Kolokotronis, Hauptmann Polizoides | |
Hymne | instrumental | |
Akt 3 – Schwert oder Seide | | |
Einleitung | instrumental | |
Tageschau | Tina, Sophia, Oberst Manussis, Notaras | |
Lügen haben schöne Beine 2 | Tina, Ariadne, Sophia | |
Abrüsten 1 | Dr. Lysistrate Soulidis, Ariadne, Tina, Sophia | |
Vier Beine im Bett | Dr. Lysistrate Soulidis, Ariadne, Sophia, Tsifras, Koumantaros | |
Inselfrauen-Chor | Dr. Lysistrate Soulidis, Miranda, Ariadne, Tina | |
Liebesszene zwischen Lysistrate und Manussis | musikalische Untermalung | |
Liebesduett Lysistrate und Manussis | Dr. Lysistrate Soulidis, Oberst Manussis | |
Hot Pants | Der Minister a.D., Dr. Lysistrate Soulidis | |
Akt 4 – The Pen is Mightier Than the Sword | | |
Glück | Sophia | |
Rachesong der Bauern | Babalis, Tsifras, Koumantaros, Dimitrios | |
Abrüsten 2 | Konstantinos Glakaris | |
Großer Pan | Dr. Lysistrate Soulidis, Oberst Manussis | |
Musikalisches Finale | Ensemble | |
Kulturhistorischer Hintergrund
Zum politischen Hintergrund der Spielhandlung: 1952 hatte die NATO Griechenland als Mitglied des Militärbündnisses aufgenommen und so strategisch im Westen verankert. 1967 kam es dann zum sogenannten Obristenputsch durch eine Gruppe rechtsextremer Offiziere unter Georgios Papadopoulos, die eine Militärädiktatur errichtete. In der Folge kam es zu Massenverhaftungen; zahlreiche, vor allem linksgerichete Oppositionelle wurden gefoltert und ermordet oder ins Exil getrieben, darunter der Komponist Mikis Theodorakis. Damals fragte die griechische Schauspielerin, Sängerin und Poklitikerin Melina Mercouri öffentlich: »Warum streiken unsere Frauen jetzt nicht wie in ›Lysistrata‹?« Eine entscheidende Schwächung erfuhr die Junta am 17. November 1973 durch den Aufstand der Studenten im Athener Polytechnikum, der unter Einsatz von Panzern brutal niedergeschlagen wurde und das Regime im In- und Ausland nachhaltig diskreditierte. Das Scheitern der von der Junta angestrebten Vereinigung mit der Republik Zypern und der dortige Einmarsch türkischer Truppen führte 1974 endgültig zum Zusammenbruch der Militärdiktatur und zur Rückkehr der Demokratie unter Konstantin Karamanlis.
Quelle: Agentur Theater / Helma Schleif in Berlin