Wiens »Tschauner Enterprise« – Merci, dass es dich gibt!

Die Besatzung der »Tschauner Enterprise«
Foto: Bettina Frenzel

Fernab vom wahren Leben auf der Erde passiert auf der Tschauner Bühne in Wien Ottakring den ganzen Sommer über wahrlich viel Buntes. Was die Crew der »Tschauner Enterprise« auf ihrer intergalaktischen Reise ins Weltall alles für das Publikum auf die Bühne bringt ist – nicht übertrieben – ein Feuerwerk an guter Unterhaltung.

»Tschauner Enterprise« ist kein Musical im eigentlichen Sinne, es wird Stegreif Revue genannt. Es gibt keinen 100%igen Text und Ablauf, aber einen roten Faden der durch die Show führt. Dieses Format lässt den Künstlern den Freiraum ein wenig auszuprobieren, zu improvisieren und schafft so ein wenig Abwechslung in die einzelnen Shows …

Wer einen hoch anspruchsvollen Abend erleben will, ist hier leider auf dem falschen Planeten gelandet. Dafür sind manche Themen zu flach oder zu sehr fernab vom normalen Umgangston. Wer allerdings einen kunterbunten Abend erleben will, auf dem sich eine – eigentlich an den Haaren herbeigezogene – Handlung mit viel Humor, unerwarteten Wendungen und einer großen Portion Wortwitz ereignet, ist hier genau richtig. Das Ganze wird gepaart mit einem Melodienmix, der von bekannten Songs aus den Bereichen Rock, Pop, Neue Deutsche Welle, Schlager (auch einige in Vergessenheit geratene Songs, wie etwa ›Mief‹ von Olli Dittrich und Wigald Boning) sowie Musical. Dies ergibt dann weder 100% Spaceballs noch 100% Enterprise, sondern einfach einen vergnüglichen Mix der besonderen Art.

Eine bunte Reise durchs All
Foto: Bettina Frenzel

Die abenteuerliche Reise der Crew beginnt in fernen Galaxien. Das Raumschiff der Wiener Linien wurde entsandt, um neue Energiequellen für Wien zu erschließen. Dazwischen kommt allerdings eine Störung vom Planeten Halligalli, da die Enterprise unerlaubterweise in deren Luftraum eingedrungen ist. In einer eilig einberufenen intergalaktischen Zoomkonferenz versucht die Besatzung mit der Besitzerin von Halligalli, der ehrenwerten Mama Vader (Eva D.), eine Lösung zu finden. Diese verlangt von der Crew, bei der Hochzeit ihres Sohnes Hot Dog (Bernhard Viktorin) und der Prinzessin Andromeda (Valerie Bolzano) als Trauzeugen einzuspringen. Und da beginnt letztendlich das Chaos: Die arrangierte Hochzeit wollen die Beteiligten gar nicht eingehen. Das Herz von Prinzessin Andromeda schlägt eigentlich für den Schlagerstar Spacecowboy (Bernhard Viktorin) und Mama Vaders Sohn Hot Dog möchte eigentlich von Halligalli und vor allem vor seiner Mutter fliehen.
Welche Auswirkungen die Brunftzeit des aus dem Waldviertel stammenden Mr Speck (Thomas Schreiweis) hat, welche Rolle die Naivität der sehr redseligen Lieutenant Elvira (Isabel Melli) spielt und was das alles mit der Zofe T(Z)offifee von Prinzessin Andromeda zu tun hat, würde den Rahmen hier sprengen.

Captain Jörg (Jürgen Kapaun) überzeugt als schönster Mann
Foto: Bettina Frenzel

An Board gibt es drei Besatzungsmitglieder: An erster Stelle steht Captain Jörg – der schönste Mann im ganzen Universum. Von der ersten Sekunde an zieht er das Publikum in seinen Bann: sein Gang, sein Tonfall, der Gesichtsausdruck, der Haarwurf seiner blonden Mähne: Man kann nicht wirklich beschreiben wie Jürgen Kapaun die Figur anlegt und wie er sich mit einem Augenbrauenzucken ausdrücken kann. Man muss es erleben.

Seit Jahren an seiner Seite der erste Offizier Mr Speck – halb Mensch und halb Waldviertler. Thomas Schreiweis gibt dieser Figur mit seiner großen Begabung in Mimik, Gestik und seiner Sprachgewandtheit so viel in die Hand, dass man meinen könnte, ein Abend mit Mr Speck alleine wäre auch sehr unterhaltsam.

Hot Dog (Bernhard Viktorin) und Elvira (Isabel Melli) an Bord der »Tschauner Enterprise«
Foto: Bettina Frenzel

Die Frau an Bord ist die frisch gebackene Lieutenant Elvira – sie hat eine große Leidenschaft für ihre Follower und lässt diese hauptsächlich an ihrem eigenen Leben teilhaben, auch wenn sie eigentlich die Social Media Beauftragte der Enterprise ist. Isabel Meili stellt in ihrer Rolle Schnellsprechrekorde auf und schießt die Pointen nur so raus.

Bernhard Viktorin verkörpert gleich zwei Rollen, was ihm sehr gut gelingt: Auf der einen Seite den One-Hit-Wonder-Spacecowboy, der ein beachtlich großes Geheimnis mit sich trägt. Spacecowboy zieht mit seinem Song ›Ein Stern‹ das Publikum in seinen Bann, auch wenn bei dem hinreichend bekannten Song erst mal ein kleines – nein ein großes – »Oh nein« ins Hirn des Publikums schießt.
Auf der anderen Seiter ist er Hot Dog, der Sohn von Mama Vader, der halb Mensch und halb Hund ist. Hot Dog liebt alles was stinkt, eine Leidenschaft die er bald mit jemandem aus der Crew teilen kann.

Gefürchtete Herrscherin Mama Vader (Eva D.)
Foto: Bettina Frenzel

Mama Vader gibt Eva D. die Möglichkeit, sich völlig auszutoben. Sie ist der große Stern in der Milchstraße, ihr Gesicht spricht Bände und die Stimmbänder tun ihr Übriges dazu. Sie spielt nicht nur mit den Kollegen, sondern besonders mit dem Publikum, bezeichnet sich selbst als gaga – und das kann man durchaus unterschreiben. Musikalisch fällt sie besonders durch das Panflötenspiel auf, gesanglich schmettert sie Songs raus wie ›Born This Way‹ oder ›Totale Finsternis‹ – das Publikum will mehr von ihr!

Last but noch least: Prinzessin Andromeda. Großer Auftritt für Valerie Bolzano, im rosa Rüschenkleid schon ganz Prinzessin.

Das Leadingteam soll hier nicht unerwähnt bleiben: Für Konzept und Regie zeichnet sich Andy Hallwaxx verantwortlich. Diese Art von Show auf die Bühne zu bringen, ist sicherlich kein leichtes Unterfangen, aber seine Arbeit ist hervorragend. Lilly Kugler-König schafft es, dank ihrer Choreographien, die Crew im Raumschiff und auf Halligalli schwungvoll in Bewegung zu versetzten, ohne dass sich in der Schwerelosigkeit Beine verknoten oder sie sich das Knie verletzen. Das Bühnenbild von Petra Fibich-Patzelt ist ein Traum. Die Special Effects an Bord – nicht nur die unsichtbare Schiebetür und der Beam-Effekt – lassen das Publikum mit offenen Mündern verblüfft zurück. Auch im zweiten Akt wartet das Bühnenbild mit Planet HalliGalli mit so mancher Überraschung auf. Die Kostüme von Sigrid Dreger und die Maske von Monika Krestan geben dem ganzen noch die letzten Glitzersternchen. Zusammen mit Musik vom Jürgen Tauber am Piano sowie manchen Songs vom Band, steht einer erlebnisreichen Reise nichts mehr im Weg. Es heißt anschnallen und Tickets buchen – die Auslastung ist jetzt bereits intergalaktisch hoch. Das Premierenpublikum war hochbegeistert und spendete Zugabe-Rufe sowie Standing Ovations.