Mit einer Musicalgala unter dem Titel »Rhythm of Life« startete das Wiener Vindobona am 3. & 4. September in die neue Theatersaison 2021/22. Unter der musikalischen Leitung des ehemaligen VBW-Musikdirektors Caspar Richter und begleitet von einem achtköpfigen Kammerorchester, präsentierten Lisa Antoni, Carin Filipčić, Max Niemeyer und Fabio Diso eine Mischung aus bekannten und unbekannteren Musicalnummern, Operettenliedern und einem neapolitanischen Titel. Es musizierten Paul Kropftisch (Violine), Tomohiko Ohyama (Cello), Alexander Lackner (Bass), Andreas Brencic (Klavier), Daniel Ott (Trompete), Naomi Luther (Flöten), Markus Osztovics (Klarinette/Saxophon) und Raphael Fries (Percussion).
Den Anfang machte der der Titel- und Mottosong des Abends: ›Rhythm of Life‹ aus »Sweet Charity«. Dieser wurde zwar einwandfrei präsentiert, dennoch hätte an dieser Stelle eine richtige Musical-Eröffnungsnummer besser gepasst. Danach ging es auch schon mit einigen Solonummern los. Fabio Diso sang gefühlsvoll ›Ich bin Musik‹ aus »Mozart!«. Nach diesem im deutschsprachigen Raum bekannten Titel folgte ein noch eher unbekannterer Song, der aber zu den Höhepunkten des Abends gehörte: ›She Used to Be Mine‹ aus dem Broadway Musical »Waitress«, dessen Niederlande-Premiere wegen der Pandemie verschoben werden musste.
Lisa Antoni interpretierte mit klarer Sopranstimme und viel Emotionen das Schicksal der schwangeren Jenna, die unter ihrem lieblosen Ehemann leidet und sich im Backen auslebt.
Carin Filipčić, die sich an diesem Abend sehr facettenreich zeigte, begeisterte mit ›Als hätten wir uns nie Goodbye gesagt‹ aus dem Andrew-Lloyd-Webber-Klassiker »Sunset Boulevard«. Es war nur schade, dass dieser Titel nicht im Original gesungen wurde. Max Niemeyer konnte einige Male im Laufe des Abends mit seiner ausdrucksstarken Stimme punkten, allen voran mit dem nächsten Titel, nämlich ›If I Can’t Love Her‹ »Die Schöne und das Biest«.
Nachdem Filipčić bereits ihre dramatische Seite unter Beweis stellen konnte, durfte sie sich am Ende des ersten Teils von der komödiantischen Seite zeigen und zwar mit ›I Can Cook Too‹ aus »On the Town«. Bei dieser Nummer muss auch das fantastische Arrangement von Caspar Richter und Andreas Brencic erwähnt werden.
Im zweiten Teil gab es einige musikalische Höhepunkte. Zum einen präsentierte Max Niemeyer mit ›St. Petersburg‹ aus »Anastasia«, einen in Österreich eher unbekannten Titel, welcher von ihm eindrucksvoll im englischen Original interpretiert wurde, zum anderen kam das Publikum in den Genuss einer Art Uraufführung. Erstmals wurde der Titel ›Loved Again‹ aus dem Musical ›Daimyo« von Leo Floyd (Musik) und Michael Car (Liedtexte) mit Orchesterbegleitung gespielt. Lisa Antoni brachte ihn mit viel Präzision und kraftvoller, aber zugleich glasklarer Sopranstimme zu Gehör. Carin Filipčić zeigte sich mit ›Send in the Clowns‹ aus »A Little Night Music« besonders gefühlsvoll.
Schwungvoll ging es dann mit ›Supercalifragilisticexpialigetisch‹ aus dem Disney-Musical »Mary Poppins« weiter. Hier konnte Lisa Antoni sich von ihrer komödiantischen Seite zeigen und wurde dabei von ihren drei Kolleginnen und Kollegen unterstützt. Es folgte der »Jekyll & Hyde«-Hit ›Dies ist die Stunde‹ aus der Feder von Frank Wildhorn, bei der Fabio Diso stimmlich glänzte. Bevor der Abend mit zwei Zugaben (nochmals ›Supercalifragilisticexpialigetisch‹ und ›Rhythm of Life‹) endete, gab es mit ›Wir sind aus Fleisch und Blut‹ eine in Wien bekannte Nummer aus »Romeo & Julia«, da es hier seine deutschsprachige Erstaufführung gefeiert hat. Das Publikum war daher aufgefordert, mitzusingen.
Caspar Richter hat gemeinsam mit Andreas Brencic schwungvolle Arrangements geschrieben, die perfekt zu den vier Stimmen der Interpreten dieses Abends gepasst haben. Die Liederauswahl war abwechslungsreich, und zeigte, wie vielfältig das Musicalgenre ist. Ein vielsprechender Abend, der neugierig auf die weiteren Produktionen im Vindobona macht.