Satirisches Musical in 3 Akten von Stephen Sondheim (Musik und Liedtexte) und Arthur Laurents (Buch), mit den Broadway-Debuts von Angela Lansbury und Lee Remick, das bereits nach neun Vorstellungen schloss
Musik & Liedtexte | Stephen Sondheim |
Buch | Arthur Laurents |
Original Titel | Anyone Can Whistle |
Deutscher Titel | Pfeifen kann doch jeder |
Vorlage | Korruption in der amerikanischen Gesellschaft, Glauben an Wunder etc. |
Broadway-Premiere | Am 14. April 1964 am Majestic Theatre in New York (USA) unter Regie von Arthur Laurents |
West-End-Premiere | Am 8. Januar 2003 im Bridewell Theatre in London (UK) mit einem überarbeiteten Libretto von Arthur Laurents, unter Regie von Michael Gieleta |
Szenische Lesung |
Am 10. Februar 2012
als konzertante Fassung in der ufaFabrik in Berlin in deutscher Übersetzung und unter Regie von Martin G. Berger
Anyone Can Whistle (Berlin 2012) |
Deutschsprachige Erstaufführung | Am 5. April 2022 am Großen Haus des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin unter Regie von Martin G. Berger |
Deutsche Übersetzung | Martin G. Berger |
Verlag |
MTI (Music Theatre International) Musik und Bühne Verlagsgesellschaft mbH |
Produktionen
Artikel in blickpunkt musical
Handlung
Akt 1
Die Geschichte spielt in einer imaginären amerikanischen Stadt, die in Konkurs gegangen ist. Die einzige Institution, die gut läuft, ist das lokale Sanatorium, bekannt als ‚Die Keksdose‘, dessen Insassen viel gesünder aussehen als die übellaunigen Bürger. Das gesamte Geld liegt in den Händen von Cora Hoover Hooper, der gestylten, rücksichtslosen Bürgermeisterin und ihren Helfershelfern, dem Buchprüfer Schub, Schatzmeister Cooley und Polizeichef Magruder. Frau Hoover Hooper fürchtet nichts mehr als mangelnde Publicity. Da enthüllt Schub seinen Plan, der ihr Amt und die Stadt retten soll. Beide werden Zeuge, wie ein Kind an einem Felsen leckt und aus diesem Wasser entspringt. Sofort verkündet die Bürgermeisterin auch die Wundertätigkeit des Wassers und hat schon Dollarzeichen in ihren Augen. Doch man klärt sie darüber auf, dass das vermeintliche Wunder einer Pumpe im Inneren des Felsens zu verdanken ist.
Der einzige Mensch in der Stadt, der das Wunder anzweifelt, ist Fay Apple, die ewig skeptische, junge Krankenschwester, die sich konsequent weigert, an Wunder zu glauben. Sie taucht am Felsen mit allen 49 Insassen der Klinik auf, die sog. „Cookies“ im Schlepptau, um sie von dem Wasser trinken zu lassen. Schub begreift, dass so die ganze Sache auffliegen wird, wenn die Kranken vom Wasser trinken und sich nicht verändern. Als er Fay zu stoppen versucht, vermischen sich die Patienten und die Bewohner der Stadt, bis niemand mehr weiß, wer wer ist. Fay verschwindet und versteckt sich vor der Polizei. Der Leiter des Sanatoriums erscheint, doch auch er kann die Insassen nicht zweifelsfrei identifizieren, er verspricht jedoch Hilfe durch einen neuen Assistenten, den er erwartet. In diesem Moment taucht ein geheimnisvoller Fremder auf, J. Bowden Hapgood, der nach der Klinikleitung fragt. Sofort wird er für den neuen Assistenten gehalten und gebeten die Patienten zu identifizieren. Er teilt die Anwesenden in zwei Gruppen, Gruppe A und Gruppe 1, verweigert aber die Aussage, welche Gruppe die Kranken, welche die Gesunden sind. Das Gremium der Stadt will die Wahrheit erzwingen, aber Hapgoods Fragen verwirren sie so, dass sie an ihrem eigenen Verstand zu zweifeln beginnen.
Akt 2
Es kommt zur Rivalität unter den beiden Gruppen darüber, wer die „normale Gruppe“ ist. Ein weiterer Fremder, eine Französin in einem Federmantel erscheint. In Wahrheit ist dies Fay Apple. Sie stellt sich selbst als „Frau von Lourdes“ vor, eine Expertin für Wunder, die das Stadtwunder begutachten möchte. Schub warnt Frau Hoover Hooper. Währenddessen sucht Fay Hapggod in seinem Hotel auf und beiden verführen einander. Fay versucht, Hapgood dafür zu gewinnen, ihr bei der Entlarvung des vermeintlichen Wunders zu helfen.
Hapgood durchschaut jedoch ihre Verkleidung und verlangt, dass sie sich ihm erklärt. Fay weigert sich, ihre Perrücke abzunehmen und gesteht ihm, dass die Verkleidung aus einem Schultheaterstück stammt und sie nur auf diese Weise ausbrechen kann aus ihrem strengen und zynischen Charakter.
Insgeheim beginnt sie darauf zu hoffen, dass Hapgood vielleicht der Mann sein könnte, der hier hilft, loslassen zu können.
Währenddessen geht die Auseinandersetzung zwischen den beiden Gruppen weiter und die Bürgermeisterin begreift bei dem Versuch, ihr Gehör zu finden, dass Hapgood ihr den Platz im Rampenlicht gestohlen hat. Sie beruft eine Dringlichkeitssitzung in ihrem Haus ein.
Hapgood macht Fay den Vorschlag, alle Unterlagen der Insassen des Sanatoriums zu vernichten. Auf diese Weise wäre Fay sie los und könnte aufhören, sich zu verstellen. Wenn sie zögern sollte, werde er von sich eine eigene Akte anfertigen – als ihr 50 Cookie. Er sei ein praktizierender Idealist, der es nach Jahren heroischer Anstrengungen müde sei, Kreuzzüge zu führen und zum „Cookie Jar“ gekommen sei, um sich zu erholen. Fay beginnt, die Akten zu zerreißen. Als sie das tut, erscheinen die Cookies und beginnen zu tanzen.
Akt 3
Schub hat das Wunder auf Pause gestellt und macht Frau Hoover Hooper klar, dass man die Stadt schnell gegen Hapgood aufbringen könnte, indem man ihn für das Ausbleiben des Wunders verantwortlich macht. Schnell formiert sich der Mob außerhalb seines Hotels und Hapgood und Fay – immer noch verkleidet – verstecken sich unter dem Felsen. Bürgermeisterin und Rat entdecken den Betrug und konfrontieren sie damit. In diesem Moment kommt ein Telegramm des Gouverneurs mit der Warnung, er werde die Stadt verklagen, wenn sie die Quote von 49 Cookies nicht erfüllen könne. Schub schlägt vor jeden einzusperren, bis das Kontingent voll ist, so lange Hapgood ihnen nicht sagt, wer normal ist und wer nicht. Fay versucht, Hapgood dazu zu bringen, den Wunderbetrug aufzudecken, doch er warnt sie: Keine werde glauben, dass das Wunder Betrug ist, weil es genauso funktioniert, wie ein Wunder funktionieren muss. Fay will ihn dafür gewinnen, die Bürgermeisterin auszuschalten, aber er weigert sich, er sei durch mit Kreuzzügen. Obwohl Fay weiß, dass sie ihre harte Schutzschale immer noch nicht zerbrochen hat, schwört sie, die Sache allein durchziehen zu wollen. Als die Bürgermeisterin und die Polizei beginnen, die Quote zu erfüllen, versucht sie den Schlüssel zur Zelle ergattern, und wird gefangen genommen. Dr. Detmold, der Leiter des Sanatoriums, erkennt sie plötzlich. Sie will den Städtern die Augen über das vermeintliche Wunder öffnen, aber keiner glaubt ihr. Detmold erklärt, dass sich Fay auch ohne Akten an die Patienten erinnern könne. Als Hoover Hopper sie warnt, sie werde jeden einsperren, ob normal oder nicht, identifiziert Fay hilflos alle Cookies, außer Hapgood. Die Welt brauche Menschen wie ihn, er dürfe sich nicht selbst stellen. Da bittet er Fay, mit ihm zu kommen, aber sie bringt es immer noch nicht über sich, aus ihrer Situation auszubrechen.
Auf einmal ist die Rede von einem neuen Wunder, zwei Orte weiter, von einer Statur mit einem schlagenden Herzen. Die Stadt ist wie leergefegt und der Bürgermeisterin die Schau gestohlen. Schub erklärt, die Lösung all ihrer Probleme sei, die ganze Stadt in einen großen „Cookie Jar“ zu verwandeln. Schub und Hoover Hooper stellen fest, sie sind wie füreinander geschaffen. Als Fay ihre Arbeit wieder aufgenommen hat, taucht auf einmal Detmolds wirkliche neue Assistentin auf, und Fay muss entsetzt feststellen, dass diese noch pragmatischer, starrer und ungläubiger ist als sie selbst. Die neue Krankenschwester marschiert mit den Cookies in die nächste Stadt, um das neue Wunder zu widerlegen. Fay erkennt, wie sie noch werden könnte und rennt zu dem Felsen, wo sie Hapgood das erste Mal gesehen hat, und ruft nach ihm. Als er nicht antwortet, versucht sie zu pfeifen und bringt einen schrillen hässlichen Pfeifton heraus. Hagood erscheint mit den Worten: „Das genügt mir“. Als sich beide umarmen, beginnt Wasser über den Felsen zu laufen – ein echtes Wunder diesmal!
Historie
- Grundlage: Gesellschafts- und sozialkritisches Musical von Stephen Sondheim (Musik und Liedtexte) und Arthur Laurents (Buch). Der Originaltitel war ‚Side Show‘ – eine Anspielung auf die Freak Shows, Vaudeville-Theater und Varieté
- 4. April 1964: Uraufführung im Majestic Theatre am Broadway, New York (USA) unter Regie von Arthur Laurents, mit Angela Lansbury als ‚Cora Hoover Hooper‘, Lee Remick als ‚Fay Apple‘ und Harry Guordnino als ‚J. Bowden Hapgood‘
- 1964: Original Cast-Aufnahme
- 1965: Tony Award-Nominierung für Choreograph Herbert Ross
- 8. April 1995: Konzertante Aufführung in Carnegie Hall in New York (USA) als Benefizveranstaltung für „Gay Men’s Health Crisis“ mit Madeline Kahn als ‚Cora Hoover Hooper‘, Bernadette Peters als ‚Fay‘, Scott Bakula als ‚Hapgood‘, Erzähler Angela Lansbury; hierzu erschien eine Audioaufnahme mit erstmals aufgezeichneten Nummern und musikalischen Passagen, bspw. Der geschnittene Titel ‚It’s Alway a Woman‘
- 2003: Überarbeitung der Broadway Aufnahme von 1964 für CD
- 8. Januar 2003: Britische Erstaufführung im Bridewell Theatre in London (UK) mit einem überarbeiteten Libretto von Arthur Laurents und unter Regie von Michael Gieleta, mit Paula Wilcox als ‚Cora Hoover Hooper‘, Janie Dee als ‚Fay Apple‘ und Edward Baker-Duly als ‚J. Bowden Hapgood‘
- 21. Februar 2003: Premiere im Matrix Theatre in Los Angeles (USA) unter Regie von Michael Michetti, mit Ruth Williamson als ‚Cora Hoover Hooper‘, Misty Cotton als ‚Fay Apple‘ und John Bisom als ‚J. Bowden Hapgood‘
- 26./27. August 2005: Konzertante Aufführung beim The Ravinia Festival im Highland Park, in Illinois unter Regie von Lonny Price und unter musikalischer Leitung von Paul Gemignani, mit Patti Lupone als ‚Cora Hoover Hooper‘, Audra McDonald als ‚Fay Apple‘ und Michael Cerveris als ‚J. Bowden Hapgood‘
- 11. Januar 2008: Kanadische Erstaufführung im Gyphon Theatre in Barrie, Ontario (CAN) unter Regie von Richard Ouzounian, mit Kate Henning als ‚Cora Hoover Hooper‘, Blythe Wilson als ‚Fay Apple‘, Adam Brazier als ‚J. Bowden Hapgood‘ und Richard Ouzounian als ‚Narrator‘
- 8. April bis 11. April 2010: Aufführung im Rahmen von ‚Encores!‘ im New York City Center, New York (USA) unter Regie von Casey Nicholaw, mit Donna Murphy als ‚Cora Hoover Hooper‘, Sutton Foster als ‚Fay Apple‘ und Raúl Esparza als ‚J. Bowden Hapgood‘
- 10. März bis 17. April 2010: London-Revival im Jeremyn Street Studio Theatre, London unter Regie von Tomm Littler, mit Issy van Randwyck als ‚Cora Hoover Hooper‘, Rosalie Craig als ‚Fay Apple‘ und David Ricardo-Pearce als ‚J. Bowden Hapgood‘
- 10. Februar 2012: Deutschsprachige Erstaufführung in der ufaFabrik in Berlin in deutscher Fassung und unter Regie von Michael G. Berger, mit Katja Brauneis als ‚Cora Hoover Hooper‘, Frederike Haas als ‚Fay Apple‘ und Gerald Michel als ‚J. Bowden Hapgood‘
Musiktitel
Original Musiktitel der Broadway-Premiere 1964 und gestrichene und wieder hineingenommene Nummern der überarbeiteten Fassung von 2003 (auch auf CD)
Act 1 | ||
Prelude Act 1 | Instrumental | |
I'm Like the Bluebird | Ensemble | |
Me and My Town | Cora & The Boys | |
Miracle Song | Cora, Cooley, Townspeople, Tourists & Pilgrims | |
There Won't Be Trumpets | Fay | (Fehlte in Original-Produktion noch, erst seit der Broadway-Recording im Libretto) |
Simple | Hapgood & Ensemble | |
Act 2 | ||
Prelude Act 2 | Instrumental | |
A-1 March | Ensemble | |
Come Play Wiz Me | Fay, Hapgood & The Boys | |
Anyone Can Whistle | Fay | |
A Parade in Town | Cora | |
Everybody Says Don't | Hapgood | |
Ballett | instrumental | |
Act 3 | ||
Prelude Act 3 | Instrumental | |
I've Got You to Lean On | Cora, Schub, Cooley, Magruder & The Boys | |
See What It Gets You | Fay | |
Anyone Can Whistle (Reprise) | Fay | |
Cora's Chase/The Cookie Chase | Ensemble | |
I'm Like the Bluebird (Reprise 1) | 'Cookies' | |
Whith So Little to Be Sure Of | Fay, Hapgood | |
I've Got You to Lean On (Reprise) | Cora, Hooper, Schub | (In Orginal-Produktion gestrichen) |
I'm Like the Bluebird (Reprise 2) | 'Cookies' | |
Finale Ultimo | Instrumental |