Vergewaltigung, Mord und Lynchjustiz

Deutschsprachige Erstaufführung von »Parade« in Münster

von Stephan Drewianka

[...] Die wahre Geschichte von Leo Frank und Mary Phagan setzte Autor und Komponist Jason Robert Brown (»Songs for a New World«, »Die letzten 5 Jahre«) 1998 mit Harold Prince am Broadway in seinem Musical »Parade« um und wurde mit Tonys für die »Beste Originalkomposition« und das »Beste Buch« ausgezeichnet. Musikalisch setzt Brown auf eine vielschichtige Mischung mehrerer Musikstile zwischen Swing, Gospel, Folk bis Rhythm & Blues. Seine anspruchsvolle Partitur präsentiert, zumindest beim ersten Kennenlernen, noch keinen wirklichen Ohrwurm. Zusammen mit der für ein Musical ausgesprochen schwierigen Thematik eines ungerechten Show-Prozesses, bei der Politik und Medien mit Antisemitismus und rassistischen Parolen die Verurteilung eines Mannes ohne jeglichen stichhaltigen Beweis herbeiführten, die dann auch noch in Lynchjustiz gipfelte, war »Parade« am Broadway zunächst nur eine 10-wöchige Spielzeit mit insgesamt 123 Aufführungen vergönnt. 2007 gab es im Donmar Warehouse im Londoner West End ein beachtetes Revival mit neuen Songs, allerdings mit reduziertem Orchester. […]