Welcher Mörder darf's denn heute sein?

»Das Geheimnis des Edwin Drood« im Theater Krefeld und Mönchengladbach

von Susanne Baum

Seit einigen Jahren sprießen sogenannte Krimidinner, bei denen zwischen den einzelnen Menügängen knifflige Kriminalfälle zu lösen sind, wie Pilze aus dem Boden. Wussten Sie, dass der Grundstein für die Komplettierungseuphorie einer ungelösten (und in diesem Fall sogar unvollendeten) Mordgeschichte bereits im Jahr 1870 gelegt wurde? Damals beging der berühmte Autor Charles Dickens bei seinem etappenweise veröffentlichten, ersten »echten« Kriminalroman einen unverzeihlichen Fehler: Er starb. »Das Geheimnis des Edwin Drood« ist seitdem ohne Lösung geblieben und hat bis heute in Büchern, Theaterstücken und Verfilmungen zu wilden Spekulationen über ein mögliches Ende geführt. Anfang der 1980er Jahre inspirierte diese Euphorie Rupert Holmes zu einem »Mitmach-Musical«, an dessen Schluss das Publikum den Mörder selbst wählen kann. In Amerika und England längst Kult, ist das Stück in Deutschland »aus ungeklärter Ursache« bisher selten zur Aufführung gekommen. […]