Lass uns im Leben einen Sinn finden!

»Candide« an der Staatsoper Hannover

von Hartmut H. Forche

Erfand Gott in seiner Weisheit auch das Seil für den Galgen? Nach Leibnitz hat auch das größte Übel einen Sinn, und wir leben in der besten aller möglichen Welten. Sein Zeitgenosse Voltaire spießt dies in seinem Bildungsroman »Candide« bös-satirisch auf, und Leonard Bernstein ist ganz bei ihm, wenn er am Schluss postuliert: Lass uns im Leben einen Sinn finden!
Die Etappen der Musical-Inszenierung sind bunt: Das deutsche Westfalia fliegt von unten herein, wie ein Entwurf am Reißbrett stehen Hauskonturen aus Seilen vor einer Landschaft wie aus dem Wüstenrot-Prospekt. Durch Seile schafft der Bühnenbildner Mathias Fischer-Dieskau mögliche Welten, Kuben, Häuser, Schiffe, durch Video projizierte Wiesen, Meere, Paläste. Doch im Moment der Erkenntnis von Candide wird es bilderlos abstrakt mit geradlinigen Seilen, gedoppelt durch projizierte Linien im »leeren Raum« – das Seil als intelligente Reflektion der Welten Candides. Doch spielt sich all das auf dem hinteren Teil der Bühne ab. […]