Als Joshua Sharp und Aaron Jackson, die des Öfteren im Upright Citizens Brigade Theater aufeinander trafen, den gemeinsamen Wunsch hegten, ein 2-Personen-Stück zu schreiben, ahnten sie nicht, was daraus werden würde. Es entstand zunächst eine 30-minütige Episode, untermalt von Musik, über zwei Brüder – Zwillinge – die nach der Geburt von ihren Eltern getrennt wurden. Sie selbst spielten sowohl die Brüder als auch je ein Elternteil. Anschließend reifte die Idee, das kurze Stück zu einem kompletten Musical auszubauen. Produzent Larry Charles (»Seinfeld«), der die Show von Sharp und Jackson auf Youtube gesehen hatte, zeigte sich interessiert. Das Resultat ist das wohl queerste Musical, was die Welt je gesehen hat.
Gott (Bowen Yang), der beste Geschichtenerzähler aller Zeiten, erzählt die Story der Zwillinge Graig Tiddle (Joshua Sharp) und Trevor Brock (Aaron Jackson), die einander nicht kennen, weil sie nach der Geburt von ihren Eltern getrennt wurden.
Greg und Trevor sind beide mit Ansehen, Erfolg und dem Interesse der Frauen gesegnet: ›I’ll Always Be on Top‹. Als sich beide bei einem Meeting mit Gloria Masters (Megan Thee Stallion) beweisen sollen, treffen sie das erste Mal in ihrem Leben aufeinander. Jeder möchte der Beste sein in der Branche und ein Konkurrenzkampf entsteht, indem sie sich gegenseitig zu übertrumpfen versuchen. Trevor fühlt sich als Verkäufer des Jahres überlegen, bis er von Graig innerhalb von Sekunden übertrumpft wird: ›I’ll Always Be on Top (Reprise)‹. Doch während der Arbeit erkennen beide Gemeinsamkeiten. Stets fühlten sie sich alleine und missverstanden (›No One Understands‹) und wählten daher einen Lebensstil, der ihnen keine Zeit für ein Privatleben ließ. Als sie erkennen, dass sie Brüder – Zwillinge sind – ergeben die Ähnlichkeiten einen Sinn.
Der Gedanke, ihre Eltern wieder zusammenzubringen, um wieder eine Familie zu sein, gefällt ihnen. Kurzerhand tauschen sie die Identität, um endlich den Elternteil zu treffen, den sie ihr ganzes Leben lang vermisst haben. Graig trifft als Trevor das erste Mal seine Mutter Evelyn (Megan Mullally). Die seit Jahren im Rollstuhl sitzende Frau ist einnehmend und legt sonderbare Eigenheiten an den Tag. ›Tea With Mommy‹ versetzt Greg in helle Aufregung. Der besorgniserregende Gemütszustand der Mutter stellt ihn vor eine große Herausforderung. Auch Trevor als falscher Graig erlebt beim Besuch seines Vaters Harris (Nathan Lane) die ein und andere Überraschung, denn dass sein Vater schwul ist, hätte er nicht erwartet. Ebenso wenig die zwei grausigen Wesen – Backpack (Stimme: Tom Kenny) und Whisper (Stimme: Frank Todaro) –, die er in einem Käfig hält und trotz ihrer Abscheulichkeit über alles liebt. Dass er diese Liebe nicht seinen Söhnen gewidmet hat, bringt Trevor fast zur Weißglut. Er fordert eine Erklärung seines Vaters, doch dieser flüchtet sich in Fantasien: ›Gay Old Life‹.
Beim anschließenden Austausch über ihre Erlebnisse mit dem jeweils fremden Elternteil kommen die Brüder überein, dass diese sie nicht auf die Welt gebracht haben können, weil sie so völlig andere Ansichten und Lebenseinstellungen haben. Doch manchmal sind die unmöglichsten Dinge möglich: ›You Can’t Give up‹. Daher versuchen sie, ihre Eltern davon zu überzeugen, dass sie sich wiedersehen sollen. Beide lehnen ab. Doch in ihrer Einsamkeit erkennen sie auch eine Chance, ihrem Leben wieder einen Sinn zu geben: ›Lonely‹.
Auf der Arbeit müssen sich die Männer von ihrer Chefin zurechtweisen lassen (›Out Alpha the Alpha‹), was sie jedoch weiter zusammenschweißt.
Mit der Annahme, sich zu einem romantischen Dinner mit ihrem Sohn zu treffen, begegnen sich Evelyn und Harris in einem Restaurant wieder. Das erste Mal seit ihrer Trennung sitzen sie sich gegenüber. Beide wollen gehen, doch ihre Söhne, die das Treffen aus einem Versteck heraus beobachten, lassen ihnen eine Flasche des Weins zukommen, den sie während ihrer Flitterwochen genossen haben. Mit dem Wein in der Hand und auf der Zunge erinnern sie sich an ihre gemeinsame Zeit und kommen sich wieder näher: ›Desperate for Your Love‹.
Eine Familienvereinigung ist zum Greifen nahe, doch dass sie die Jungs im Babyalter getrennt haben, kann Graig ihnen einfach nicht verzeihen. Die Wut wächst und die Zwillinge trennen sich im Streit. Wieder vereint, liegt es jetzt an Evelyn und Harris, ihre Söhne zu versöhnen. Graig und Trevor weigern sich, doch in einer Notsituation muss die Familie zusammenhalten und erkennt, dass ihr Leben zusammen schöner ist: ›The Sewer Song‹.
Endlich als Familie vereint, entdecken Trevor und Graig jedoch noch ganz andere Gemeinsamkeiten, mit denen sie nie gerechnet hätten. Ihr Glück scheint perfekt, doch ihnen werden Grenzen aufgezeigt, die sie mit Hilfe von Gott überwinden können: ›All Love Is Love‹.
Sharp selbst beschreibt den Muscialfilm als »lewdy cruedy queer« (dt. unzüchtig, grausam, schwul) und trifft es damit genau. Das Musical ist bunt, euphorisch, verrückt – einzigartig in all seinen Facetten. Wer sich darauf einlässt und sich einfach von dem, was der Film zeigt überraschen lässt, erlebt große Momente mit ›No One Understands‹ oder rockige Nummern (›Desperate for Your Love‹), die in einer slapstickartigen Liebesbekundung enden. Schrille Kostüme (Valerie Klarich), vielseitige Locations und die skurrilsten Charaktere, die man sich vorstellen kann, präsentieren ihren ganz eigenen Charme.
Wenn man das Glück hat, die zwei Drehbuchautoren, Songwriter, Produzenten und Hauptdarsteller Aaron Jackson und Joshua Sharp einmal zu treffen, spätestens dann versteht man den Humor des Films in all seinen Details. Sind doch Jackson und Sharp ebenso besonders, bunt und einzigartig wie das Musical, das sie gemeinsam geschaffen haben.
Das Interview mit Joshua Sharp und Aaron Jackson lesen Sie hier