Interview mit Aaron Jackson und Josh Sharp zu »Dicks: Das Musical«

»Dicks: Das Musical« erscheint am 13. September 2024 auf DVD und Blu-ray

Josh Sharp und Aaron Jackson standen gemeinsam 2014 für die Upright Citizens Brigade Show »Fucking Identical Twins« auf der Bühne. Zusammen mit Regisseur Larry Charles adaptierten sie die Story zum »queersten« Musical aller Zeiten. »Dicks: Das Musical« ist als Stream erhältlich und erscheint am 13. September 2024 auf DVD und Blu-ray.

»Dicks: Das Musical« – (v.l.) Josh Sharp und Aaron Jackson
Foto: SquareOne Entertainment

UM: Sie agieren als die Drehbuchautoren, Songwriter, Produzenten und Hauptdarsteller und sind ALLES vor und hinter der Kamera von »Dicks: Das Musical«. Erzählen Sie mir etwas darüber, wie die Idee zustande kam, aus einer Zwei-Personen-Stand-up-Show ein derart buntes Musical über Schwule zu machen.

Josh Sharp: Oh ja, es hat mit einer Stand-up-Show begonnen, welche wir in einem kleinen Dramedy Theater in New York zusammen auf die Bühne gebracht haben. Zu zweit. Wir haben also sowohl die Zwillinge, als auch die Eltern gespielt. Wir hatten damals einen Freund namens Karl (Karl Saint Lucy, Anm. d. Red.), der für uns die Musik komponiert hat. Er hat auch die Songs geschrieben, die aber für eine Bühnenshow zu gut waren und dann kam ein Produzent hinzu und meinte, daraus könnte man ein Musical machen.

UM: Wie kann man sich Ihre Zusammenarbeit mit Karl Saint Lucy vorstellen?

Aaron Jackson: Wir haben zuerst die Liedtexte geschrieben. Danach haben wir uns mit Karl getroffen, um ihm zu sagen, wie wir die Songs haben wollen – dieses Stück als Uptempo-Nummer, hier soll es etwas gruselig sein, hier etwas chaotisch. Karl machte uns dann Vorschläge, die haben wir akzeptiert oder darüber diskutiert. Dann haben wir wieder etwas geschrieben und so ging es weiter. Es gab immer verschiedene Beispiele und wir haben geschaut, welche Songvarianten zusammenpassen. Wir haben unsere Ideen kommuniziert und Karl hat daraus echte Song gemacht.

»Dicks: Das Musical« – (v.l.) Sandy Kolbuch mit Aaron Jackson und Josh Sharp
Foto: Sandy Kolbuch

JS: Es war eine wirkliche Zusammenarbeit. Und als die Idee zu einem Film entstand, haben wir uns an den Musikproduzenten Marius de Vries gewandt, der mit »Moulin Rouge!« und »La La Land« erfolgreich war. Er war der Teil des Musical Brainstorming Teams, der alles auf das nächste Level gebracht hat. Er hat alles produziert und viel arrangiert und auch die Songs in die richtige Reihenfolge gebracht, sodass sie besser wirken. Es hat auch sehr geholfen, dass wir uns wirklich alle sehr mögen und die Zusammenarbeit genossen haben.

UM: Haben Sie damit gerechnet, dass es ein Musical werden könnte?

AJ: Als wir mit der Show aufgetreten sind, haben wir nicht damit gerechnet, dass daraus jemals ein Film werden könnte. Daher ist es sehr verrückt, dass wir heute hier sitzen und darüber sprechen. Als klar war, dass daraus ein Film werden soll, war das nächste Kapital aufgeschlagen. Und die Steigerung dessen war das Musical. Dies lag einfach in der DNA des Ganzen und es war ein super Upgrade dieses ganz »dummen« Films. Die Leute singen einfach und man fragt sich: »Warum?« Der Comedycharakter treibt dies noch voran, der Stil treibt es voran. Es gibt einfach alles, was ein Musical braucht.

UM: Sie beschreiben »Dicks« als »laut, grausam und queer«. Dem stimme ich zu. Es ist wirklich das verrückteste Musical, das ich jemals gesehen habe. Es gibt einen schwuchteligen Gott, eine fliegende Vagina und diese grauenhaften Monster-Brüder, die wirklich erschreckend sind.

JS: Sie sind hier. Wir haben die Monster dabei. Soll ich sie holen?! (lacht)

UM: Oh nein, bitte nicht. Die sind so furchterregend. Sie sollen die beiden als Assistenten adoptiert haben?

AJ: Wir wollten es. Es wäre so nützlich gewesen. Sie hätten die ganze Arbeit tun können, während wir den ganzen Tag schlafen.

UM: Sie spielen die eineiigen Zwillinge, die sich nicht einmal im Ansatz ähnlich sehen, dafür aber beide schwul sind. Sie schauspielern, singen und tanzen. Was war die größte Herausforderung?

AJ: Ich glaube, die größte Herausforderung war, dass wir soviel machen. Ob es jetzt das Schreiben oder auch das Schauspielern ist. Wir agieren als Produzenten und so vieles mehr. Normalerweise hat man nur ein paar Drehtage, aber hier war es viel mehr als das.

UM: Es gibt so eine wunderbare Szene, wenn die Brüder sich gegenübersitzen und jeder den anderen mit seinem perfekten Leben übertrumpfen will. Beide sprechen mit sehr eindeutiger Körpersprache, die sie als schwul kennzeichnen. Doch die Brüder selbst erkennen nicht, dass sie schwul sind, bis sie sich tief in die Augen blicken…

JS: Oh ja, es ist eine Lovestory. Wir waren sehr aufgeregt als der Film in den USA ins Kino und zwei Wochen später in Großbritannien zum Valentinstag herauskam. Im Internet wurde der Film als Valentinstag-Film beworben, als wahre Lovestory.

UM: Wann wurde entschieden, dass der Look den 1980er Jahren entsprechen soll?

JS: Das verdanken wir Larry Charles, unserem Regisseur. Er brachte verschiedene Äras ins Spiel, weil wir kein modernes New York wollten. Aber die Zeit ist nicht »wichtig«. Wir benutzen Handys, die es zu der Zeit noch nicht gab. Es ist das gleiche wie mit den eineiigen Zwillingen, die dies auf den ersten Blick definitiv nicht sind. Nichts ist wirklich so, wie es scheint. Man sieht, es ist New York, aber jeder weiß, es ist nur ein Set. Das macht den Film aus.

»Dicks: Das Musical« – Bowen Yang als Gott
Foto: SquareOne Entertainment

UM: Wie entstand die Idee, einen schwulen Gott als Erzähler für die Geschichte zu nutzen?

AJ: Bowen Yang ist ein enger Freund von uns, der die Rolle mit Leben füllt und dies so tut, dass es in den Film passt.

UM: Der Film präsentiert Sex in vielen Varianten und unterschiedlicher Sexualität. Gab es im Vorfeld Kommentare oder Meinungen in Bezug darauf?

JS: Viele waren besorgt darüber, was wirklich erlaubt ist. Aber der Film ist so cartoonartig und überspitzt, wodurch gewisse Freiheiten entstehen.

AJ: Die gesamte Sex-Thematik wirkt in der übertriebenen Art, weil die gesamte Handlung nicht »real« ist. Es kamen viele Kommentare dazu, dass zu häufig das Wort »dick« (dt. Schwanz) gesagt werden würde. Aber schlussendlich ist der ganze Film »silly«(dt. dumm) und daher störte sich irgendwann niemand mehr daran.

UM: Demnach wundert man sich als Zuschauer auch nicht mehr, wenn eine Vagina durch die Gegend fliegt.

AJ: Am Ende rettet sie sogar den Tag!

JS: Sie ist eine wahre Feministin. (lacht)

UM: Ihre Eltern haben den Film gesehen. Waren sie schockiert oder sind sie nichts anderes von Ihnen gewohnt?

AJ: Sie wissen, wie verrückt wir sind. Es war nichts, was sie geschockt hätte.

JS: Sie haben den Film geliebt. Das hat uns sehr glücklich gemacht. Eltern schätzen, was ihre Kinder tun.

»Dicks: Das Musical«
Foto: Leonine

UM: Haben Sie den Film zusammen mit Publikum gesehen und konnten live deren Reaktionen erleben?

AJ: Ja, wir haben ihn beim Toronto Filmfestival mit Publikum gesehen. Es war großartig. Der Film startete erst um Mitternacht. Wir haben ihn auch in Los Angeles mit Publikum gesehen und in New York.

JS: Es hat immer großartigen Spaß gemacht. Aber wir haben ihn bisher nicht mit einem deutschen Publikum gesehen. Das zu erleben wäre auch sehr interessant.

UM: Haben Sie schon neue Pläne?

AJ: Wir arbeiten an verschiedenen Dingen, über die wir noch nichts verraten können. Wir hoffen, dass wir unsere Zusammenarbeit dabei auch fortsetzen können.

UM: Herzlichen Dank für das interessante und sehr unterhaltsame Gespräch.

»Dicks: Das Musical« kann man bereits als Stream anschauen und erscheint am 13. September 2024 auf DVD und Blu-ray.