Am 24. November 2023 feierte das Familienmusical »Die Weihnachtsbäckerei« von Martin Lingnau und Hannah Kohl im Berliner Theater des Westens Premiere. Rolf Zuckowski, auf dessen Musik das Musical aufbaut, sprach vorab mit uns über seine Arbeit, das Stück und sein diesjähriges Weihnachtsfest.
blickpunkt musical: Sie haben das Lied ›In der Weihnachtsbäckerei‹ 1986 während einer Heimfahrt geschrieben und es 1987 veröffentlicht. Inspiriert wurden Sie dafür durch ihre eigene Familie. Ist der Song deswegen etwas ganz Besonderes?
Rolf Zuckowski: Natürlich. Also erstens war das ein Telefonat mit meinem allerersten Autotelefon, das hatte ich mir gemietet und es gab damals dieses sogenannte B-Netz und die Geräte waren so groß wie Kofferradios. Eine völlig andere Zeit. Das allein war schon aufregend, überhaupt mal mit dem Autotelefon zu telefonieren. Meine Frau war mit den Kindern zu Hause und hat in unserer Küche, die wirklich sehr klein und sehr schmal ist, gebacken. Das war in der Zeit, als unser drittes Kind Andreas so zweieinhalb Jahre alt war. Als ich hörte, die backen zu Hause, habe ich mir gedacht: na prima, zuhause gibt´s Plätzchen. Während der Fahrt ist mir dann einfach dieses doch etwas abenteuerliche Rezept eingefallen, das eigentlich so gar nicht funktioniert. Aber es macht eben viel Spaß und das ist es vielleicht auch, warum das Lied den Menschen so gefällt. Also ein Rezept gesungen, wäre wahrscheinlich langweilig gewesen, aber ich sag mal frei nach Schnauze: »Und ein bisschen Zimt, das stimmt und sind die Finger rein, du Schwein«, ist schon was anderes. So etwas fällt einem dann während der Autofahrt ein, wo ich es auch laut vor mich hin gesungen habe. Ich habe übrigens mehrere Lieder im Auto geschrieben. Natürlich nur auf Fahrten, die einigermaßen entspannt waren. Es war ja damals eine Fahrt in den Abend hinein und die Autobahn A1 war noch keine Großbaustelle. Es ist eine wahre Geschichte und ich habe sie in besonderer Erinnerung. Nicht zuletzt, weil unser Sohn, von dem ich vorhin sprach, das Lied auf dem Weg ins Bettchen – ich hatte es ihm dann in der Küche vorgesungen, zur Gitarre – etwas verändert hat. Er hat die Melodie ein bisschen verändert, und das war so gut, dass es bis heute jeder so singt. Andreas, der kleine Mann, ist also im Grunde so eine Art Mit-Komponist.
blimu: Viele Generationen sind mit dem Song aufgewachsen und viele weitere werden dies noch tun. Ihre Songs sprechen Kinder an, warum ist aber gerade dieser Song so beliebt?
RZ: Backen ist wirklich generationsübergreifend, denn dieser Song lässt sich eben auch sehr gut singen, wenn man gar kein Instrument hat oder wenn nichts aus dem Lautsprecher kommt. Das macht ihn eben auch ein bisschen zum Volkslied und ich glaube, das ist ein großes Glück, dass ich so etwas in die Welt setzen konnte.
blimu: Unter anderem haben Wolfgang Petry, Helene Fischer und Otto Coverversionen gemacht. Wie fühlt sich dies an?
RZ: Wolfgang Petry hat mich persönlich angerufen und gefragt, ob er statt Kleckerei auch Schweinerei singen darf. Ich sagte Wolfgang, dass es seine Sprache ist und er es ruhig so machen kann, damit es auch glaubwürdig ist. Und Otto Waalkes, den ich ja schon sehr lange kenne, hat mit mir in unserem Wohnzimmer die Version erarbeitet, die wir dann zuerst bei Florian Silbereisen vorgetragen haben. Ihm hat das so gut gefallen, dass er dann mit der Weihnachtsbäckerei das ganze Jahr auf Tournee gegangen ist. Er hatte so eine kleine mobile Küche auf der Bühne und wir haben das dann noch einmal in Landeshafen oder Oldenburg gesehen. So zwischen Klamauk und Semi-Klassik hat da schon viel stattgefunden. Auch das Stück von Martin Lingnau ist ganz grandios instrumentiert, da kommt wirklich richtig große Musik in den Saal.
blimu: Wie intensiv waren Sie damals an der Entwicklung des Stücks beteiligt?
RZ: Ich kannte Martin schon vorher. Das Hamburger Stück »Heiße Ecke« ist von ihm und sehr erfolgreich. Und er wollte nichts machen, womit es mir nicht gut geht. Ich habe ihn immer mal wieder gebeten, mir zu sagen, wo er gerade steht. Dann hat er mir das vorgestellt und ich konnte mir zu Beginn nicht vorstellen, wie es gelingt, aus einem kleinen Lied ein Musical zu machen. Aber es ist ihm gelungen. Mir war nur eins wichtig: ›In der Weihnachtsbäckerei‹ ist ja eigentlich kein Weihnachtslied, sondern ein Bäckerlied. Aber wenn es in der Vorweihnachtszeit gespielt wird, sollte man Weihnachten spüren und auch besinnliche Gedanken haben. Das hat er getan. Das Stück beginnt mit ›Zeit der Wunder‹, was ja nicht kindlich ist, sondern sehr erwachsen und lebensphilosophisch. Und am Ende kommt mit ›Frohe Weihnachten‹ ein Abschiedslied, was auch besinnliche Stimmung erzeugt. Und mittendrin ›Dezemberträume‹. Das war mein wesentlicher Einfluss, dass es nicht nur Spaß ist, sondern auch weihnachtlich ist und dem Herzen gut tut, weil wir das dieses Jahr alle gebrauchen können.
blimu: Haben Sie im Stück einen Lieblingsmoment?
RZ: Ich bin immer ganz gerührt, wenn Emily singt ›Bald bald bald‹ und Angst hat, dass sie sich zu viel gewünscht hat. Das finde ich so goldig und das ist immer der Moment, der mir jedes Mal eine Träne beschert. Ich finde auch den sprechenden Hund ganz wunderbar.
blimu: Rolf Zuckowski kennen fast alle Kinder. Was bedeutet dies für Sie?
RZ: Ich glaube, es gibt viele Künstler, die bekannter sind als ich und das ist auch gut so. Ich habe mich vor allem immer als Komponist und Textdichter gefühlt. Irgendwann war ich natürlich auch Interpret und das bin ich gerne, vor allem mit anderen und Kindern. Allerdings stehen die Lieder im Vordergrund und sie sind von mir, aber sie werden irgendwann übergeben. Die Menschen empfinden es dann als ihre Lieder. Wenn ihnen danach zumute ist, singen sie: ›Wie schön, dass Du geboren bist‹. Ich höre beispielsweise auch, dass Lieder wie ›Drüben‹ oder ›Wir sind zusammen unterwegs‹ von mir auch bei Trauerfeiern gesungen werden. Man ist dem Menschen dadurch nahe und das ist das große Glück, das ich habe. Und das wird über mein eigenes Leben hinaus auch nachklingen.
blimu: Wie feiern Sie Weihnachten?
RZ: Bei uns wird ›In der Weihnachtsbäckerei‹ in der Küche gesungen. Es ist ein Lied, das ich immer noch sehr gerne singe, es wird mir auch nicht zu viel. Wir haben eine ganz traditionelle Weihnacht und zum Glück immer noch mit allen zusammen, auch wenn wir nicht mehr beisammen leben und wohnen. Der Baum wird gemeinsam geschmückt, vor allem mit den Erwachsenen, nicht mit den Kindern. Unsere erwachsenen Kinder lassen es sich nicht nehmen, abends zu kommen und den Baum zu schmücken. Es wird immer sehr lustig. Und dann singen wir als Beginn der Bescherung zusammen traditionelle Weihnachtslieder: ›Oh Tannenbaum‹, ›Alle Jahre wieder‹, ›O du fröhliche‹.
So fühlt man sich mit den Menschen verbunden, die schon einmal mit uns am Tannenbaum standen und nicht mehr dabei sein können. Die Familie, die man im Wandel der Zeit im Herzen trägt, steht im Raum. Zum Glück haben wir auch immer wieder ein kleines Kind dabei. Dieses Jahr ist es unser Finn (2,5 Jahre) und der wird dieses Jahr das erste Mal richtig den Baum bestaunen. Und so geht bei uns das Leben weiter.
blimu: Herzlichen Dank für das schöne Gespräch.
RZ: Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen ein schönes Weihnachten.
Das Interview führte Sandy Kolbuch