»Dann haben wir eine Nacht lang zusammen gelacht, geweint und getanzt« – Martin Flohr und Dominik Flaschka über »Abenteuerland«

Das Team bei der Uraufführung (v.l.): Dominik Flaschka (Regisseur), Richard Morris (Supervisor & Arrangeur), Jonathan Huor (Choreograph), Hartmut Engler (Komponist & Liedtexter), Martin Flohr (Autor), Gary Hickeson (Supervisor & Arrangeur)
Foto: Patric Fouad

blickpunkt musical: Die Frage nach Henne oder Ei: Was war zuerst – erst die Liebe zur Musik von »PUR« und wollten Sie quasi »PUR« mit dem Stück ehren, oder hatten Sie zuerst die Idee zum Stück und fanden dann die »PUR«-Musik passend?

Martin Flohr: Also hier die Henne. (lacht) Ich war auf dem Jakobsweg und hatte einen iPod-Shuffle dabei. Da waren zufällig auch »PUR«-Songs drauf. Der Song ›Allein vor dem Spiegel‹ kam und da habe ich gedacht, dass das so ein theatralischer Song ist – wie wäre es denn, wenn man das in eine größere Geschichte einbetten würde. Und so hab ich dann immer mehr und mehr »PUR«-Songs gehört. So kamen wir zu ganz vielen, schönen kleinen Geschichten, die wir dann in ein passendes Ganzes einbetten konnten.

blimu: Wie haben Sie Hartmut Engler überzeugt? Er steht so viele Jahre auf der Bühne, an Musical hat er vermutlich gar nicht gedacht.

MF: Nein, an Musical hat er gar nicht gedacht. Aber es ist ja ein riesiges Geschenk, dass wir mit Deutschlands erfolgreichster Popband so etwas machen können. Natürlich hat man vorher ein bisschen Angst, wie sie auf die Idee reagieren. Aber das war dann gar keine Frage. Ich habe es vorgestellt, vor fünf Jahren haben wir uns in München dann auch persönlich getroffen, dort habe erste Scriptvorschläge und Ideen vorgestellt. Dann haben wir eine Nacht lang zusammen gelacht, geweint und getanzt – und so sind wir irgendwie zum Stück gekommen, das jetzt hier, so viele Jahre später, Premiere hat.

blimu: Er war mit Ihrer Geschichte auch sofort einverstanden oder hatte er einige Änderungen?

MF: Nein, er war sofort einverstanden. Das Stück hat ja eine gewisse Tiefe, es geht nicht nur um die einfachen Situationen im Leben. »PUR« ist durch seine Texten ja sehr, sehr nah am Menschen dran. Jeder kann sich damit identifizieren und das wollten wir natürlich in dem Stück aufgreifen. Er hat mich begleitet, er hat Tipps gegeben, ich musste teilweise ja auch seine Liedzeilen ändern und da hat er uns immer unterstützt. Und natürlich auch immer wieder auf den einen oder anderen logischen Fehler hingewiesen, die in so einem großen Kontext natürlich immer wieder passieren können. Also ich könnte mir tatsächlich keinen besseren Begleiter wünschen.

blimu: Er war überhaupt nicht zickig, obwohl seine Texte geändert wurden?

MF: Überhaupt nicht, im Gegenteil! Er war immer dabei, die Texte wurden ja auch nur leicht angepasst, immer, wenn es um Perspektivenwechsel geht. Also zum Beispiel lautet der Originaltext »Sie steht allein vor dem Spiegel«, aber natürlich singt das Mädchen, welches es bei uns singt, jetzt »Ich steh allein vor dem Spiegel«. Das ist das einzige, was wir gemacht haben – und hier und da sind ein paar Wortfetzen verändert. Aber ansonsten findet sich jeder »PUR«-Fan wieder – und natürlich auch die, die noch Fan werden wollen. (lächelt)

blimu: Bezüglich der Geschichte – es gibt in Musicals immer einen Aufhänger, bei den historischen Musicals natürlich die Geschichte der Person, bei den Märchen-Musicals oft dann einen inneren Auslöser, wo es gar nicht mehr anders geht, als dass die Geschichte nach vorne getrieben wird. Wie ist das hier bei Ihnen?

Martin Flohr mit Harmut Engler
Foto: Patric Fouad

MF: Das schöne an den »PUR«-Songs ist ja, dass sie generell schon Geschichten erzählen. Dominik (Flaschka, Regisseur) und ich haben ganz oft sofort eine Person oder ein Erlebnis vor Augen gehabt, auf die der Text zutrifft. Darum haben wir hier Erlebnisse zusammengetragen, in denen sich jeder Mensch wiederfindet, es ist nicht die Geschichte von mir oder von Dominik. Das ist die Kraft von Hartmuts Texten und somit auch von unserem Stück.

blimu: Das heißt, es gibt keinen konkreten Auslöser, mit dem die Geschichte beginnt?

Dominik Flaschka: Nein, es ist eine klassische Multiblockgeschichte im klassischen Sinn. Es sind verschiedene Ereignisse, auslösende Ereignisse, um diese Songs zu erzählen. Darum ist es auch keine Geschichte von einer Person, sondern im Grunde von fünf Personen. Darunter sind Geschichten dieser drei Generationen der Familien Schirner, die geschickt vernetzt erzählt werden. Das ist ja bei Jukebox-Musicals immer ein bisschen die Schwierigkeiten, die Lieder, die ja eigentlich nicht für das Musical geschrieben wurden, so wirken zu lassen, als ob sie extra dafür geschrieben worden wären.

blimu: Wie sind Sie dazu gekommen hier die Regie zu führen – wurden Sie angefragt, oder kannten Sie die Musik von »PUR« schon und wollten es unbedingt machen?

DF: Martin und ich kannten uns schon von einer anderen Produktion, die wir vorher miteinander gemacht haben – das war »Avenue Q« in Mannheim und St. Gallen. Dann habe ich von dem Workshop gehört und mich sehr dafür interessiert und wollte mich dann eigentlich aktiv darum bemühen, dass ich da mitwirken darf. Dann kam aber schon der Anruf von Martin – das war dann alles relativ schnell klar. Das Buch, was ich bekommen habe, war toll und hat mich sofort gepackt. Auch die ersten Gespräche haben klargemacht, dass da jemand ist, der bereit ist, weiterzuentwickeln und es nicht einfach so stehen zu lassen, wie es gerade ist. Das ist auch wichtig, weil ja wirklich bis zum Schluss Änderungen gemacht werden.

blimu: Wir wünschen Ihnen ganz viel Erfolg mit Ihrem Stück und drücken die Daumen, dass Ihnen sowohl die Musicalliebhaber als auch die »PUR«-Fans wohlgesonnen sind!