Johnny und Baby tanzen ihr »Dirty Dancing« auf Tour – unter anderem auch in Wien

Frances »Baby« Houseman (Deike Darrelmann mit Johnny Castle (Máté Gyenei)
Foto: Jens Hauer

Die Bühnenversion des Kultfilms »Dirty Dancing« (1987), mit dem Patrick Swayze und Jennifer Grey über Nacht zu Stars wurden, tourt aktuell durch Deutschland, die Schweiz und Österreich. Station hierbei macht es bis 25. Juni in der Wiener Stadthalle.

Die Handlung ist sehr an dem Film angelehnt: Frances »Baby« Houseman verbringt den Sommer 1963 mit ihren Eltern und ihrer Schwester Lisa in Kellerman’s Familienresort in den Catskill Mountains. Zunächst befürchtet Baby, dass dieser Urlaub eher eintönig wird, aber dann begegnet sie dem feschen Tanzlehrer Johnny und alles ändert sich schlagartig. Er entführt sie in eine vollkommen neue Welt, die sie verändert und fasziniert. Währenddessen erfährt die Tänzerin Penny, dass sie schwanger ist. Vater des Kindes ist Robbie, der im Hotel als Kellner arbeitet. Penny entscheidet sich für eine Abtreibung. Diese kostet aber viel Geld, Baby möchte ihr helfen und bittet daher ihren Vater um Geld, ohne ihm jedoch zu sagen, worum es geht. Nachdem die Abtreibung allerdings nicht ganz reibungslos verläuft und Baby ihn als Arzt zur Hilfe holt, erfährt er doch davon und hält irrtümlich Johnny für den Mann, der Penny dies angetan hat. Dr. Houseman sieht, dass Baby und Johnny sich immer näherkommen und untersagt ihnen die Beziehung. Da Gefühle sich nicht von Verboten beeindrucken lassen, kommen sich die Zwei allerdings doch näher und durch einen blöden Zufall wird die Beziehung publik. Johnny verliert seinen Job, er und Baby müssen sich schweren Herzens voneinander trennen. Auf dem Abschlusstanz erfährt Babys Vater gerade noch rechtzeitig, dass er Johnny Unrecht getan hat – denn dieser kehrt nur für diese Veranstaltung zurück, um sich weder den letzten Tanz der Saison, noch seine Liebe zu Baby nehmen zu lassen. Babys Vater nimmt daraufhin seine Vorwürfe zurück, gibt den beiden seinen Segen. Ebenso wie im Film ist natürlich der Kulttitel ›(I’ve Had) the Time of My Life‹ das große Finale, inklusive der legendären Hebefigur. Choreographisch ist auf der Bühne alles wunderbar umgesetzt, nur leider bleibt die gesangliche Darbietung hinter den Erwartungen zurück.

Beim Tanzunterricht (v.l.): Johnny (Máté Gyenei), Baby (Deike Darrelmann), Penny (Isabelle Vedder)
Foto: Jens Hauer

Das Stück beginnt mit Baby, die in wenigen Sätzen das Geschehen beschreibt. Leider ist das der einzige Moment, in dem wir Baby als Erzählerin erleben, das wäre nämlich durchaus ein interessanter, neuer Erzählaspekt gewesen, etwas, was dem Stück auf dem Weg vom Film zum vermeintlichen Musical gutgetan hätte.
Es folgt mit ›Magic Moments‹ eine erste Tanz- und Gesangsnummer. Diese Szene zeigt gleichermaßen die Schwächen als auch die Stärken des Stücks.  Zunächst zu den Stärken: die Tanzszenen stehen hier im Vordergrund, es ist eine Tanzshow und die Choreographien von Austin Walks erinnern sehr an den Film und funktionieren dementsprechend sehr gut. Leider werden die Songs, die teilweise vom Band, aber oft auch von Sängern dargeboten werden, fast ausnahmslos nicht von den Figuren selbst gesungen. In manchen Fällen, wie etwa bei ›Merengue‹ funktionieren die Nummern, wenn sie als Hintergrundmusik in einem Club dienen, aber zum Beispiel im Fall der Eröffnungsnummer, erfüllt ›Magic Moments‹  nicht seinen Zweck. Da immer andere singen und sich die Figuren nur schauspielernd bewegen, verbindet man sich leider nicht mit ihnen. Daher entsteht sehr bald der Eindruck, dass es sich hier um eine Tanzshow handelt, nicht aber um ein Musical.  Die Lieder stammen alle aus dem Film, was bei den Fans des Films bestimmt gut ankommt, nur schade, dass ›She’s Like the Wind‹ aus rechtlichen Gründen nur instrumental gespielt werden darf.

Das große Finale
Foto: Jens Hauer

Neben den Choreographien und der bekannten Geschichte, glänzt diese Produktion aufgrund einiger guter darstellerischer Darbietungen. So kann Deike Darrelmann als naive, liebevolle, aber dennoch ehrgeizige Baby begeistern. Ebenso wandlungsfähig zeigt sich Máté Gyenei als Johnny. Der charakterliche Kontrast der beiden Rollen Baby und Johnny ist deutlich spürbar, was sehr für die schauspielerische Leistung der beiden spricht. Während Baby eher die fürsorgliche, naive und immer hilfsbereite Person ist, ist Johnny der unterhaltsame Frauenschwarm, der seine Unsicherheiten mit Aussehen und Charme wettmachen will. Im Laufe des Stücks beweisen die beiden Darsteller auch eine Wandlung, so gewinnt Baby immer mehr an Selbstvertrauen und Johnny wird schließlich doch noch zu einem gefühlvollen Menschen. In den Rollen von Babys Eltern, Dr. Jake Houseman und Marjorie Houseman schlüpfen Martin Sommerlatte und Masha Karell. Sie harmonieren sehr gut als Ehepaar und begeistern auch mit der kurzen Nummer ›If You Were the Only Girl in the World‹.

Das Bühnenbild stammt von Federico Bellone, der auch für die ursprüngliche Inszenierung verantwortlich zeichnet, die für diese deutschsprachige Produktion von Alex Balga übernommen wurde. Das Bühnenbild ist zwar teilweise eindimensional, aber für Tourneeverhältnisse doch relativ aufwendig, da viel mit Inventar wie Tische und Stühle etc. gearbeitet wird.

Alles in allem ist es ein kurzweiliger Abend, insbesondere für Tanzliebhaber und Fans des Films. Wer jedoch eine Musicaladaption des Films erwartet, wird enttäuscht sein.

»Dirty Dancing« gastiert noch bis 25. Juni 2023 in der Wiener Stadthalle und ist daraufhin von 27. Juni bis 9. Juli an der Oper Graz und von 11. Juli bis 6. August am Landestheater Linz zu sehen.