Wichtig sind mir partnerschaftliches Arbeiten im Team auf Augenhöhe, gegenseitiger Respekt und Fairness

Interview mit Iris Limbarth über das Junge Staatsmusical Wiesbaden

Foto: Britta Fitzner

Iris Limbarth leitet seit 2000 das »Junge Staatsmusical«, ehemals »Jugend-Club-Theater«, die Nachwuchsförderung am Staatstheater Wiesbaden im Bereich Musical. Außerdem ist die Regisseurin und Choreographin seit diesem Jahr Intendantin der Freilichtspiele Meppen, wo sie bereits in den letzten Jahren Musicalproduktionen inszeniert hat, wie auch an zahlreichen anderen deutschen Theatern.

blickpunkt musical: Am 10. Oktober 2022 wurden Sie mit dem Sonderpreis der Jury der Deutschen Musical Akademie für »die Nachwuchsförderung am Jungen Staatsmusical Wiesbaden« ausgezeichnet. Wann und wie haben Sie davon erfahren? Was waren Ihre Gedanken und Empfindungen bei der Preisverleihung?

Iris Limbarth: Etwa 10 Tage vorher wurde ich darüber informiert und habe mich natürlich sehr darüber gefreut, dass meine langjährige, kontinuierliche Arbeit wahrgenommen wird. Es war eine große Ehre, mit namhaften Künstlerinnen und Künstlern des Genres auf der Bühne zu stehen. Ich fand es besonders wertvoll, diesen Sonderpreis für meine gesamte Arbeit mit jungen Nachwuchskünstlern zu bekommen.

blimu: In der 58. Ausgabe der blickpunkt musical, Mai-Juli 2012, haben wir Sie zu 25 Jahren »Jugend-Club-Theater des Wiesbadener Staatstheaters« interviewt. Heute trägt dieser den Namen »Junges Staatsmusical Wiesbaden«. Was hat sich seitdem verändert – positiv wie negativ?

IL: Uwe Eric Laufenberg, als neuer Intendant, wollte uns mit dem Titel aufwerten, denn wir leisten doch auch einen sehr großen Beitrag zum Spielplan und sind eine feste Größe im Staatstheater. Zeitweilig hatten wir bis zu sieben Produktionen im Spielplan, das ist schon gewaltig mit jungen Künstlern, die zum Teil noch zur Schule gehen oder im Studium sind.

Iris Limbarth (r.) während der Probenarbeit mit Darstellern des Jungen Staatsmusical Wiesbaden
Foto: Ulrich Knapp

Zudem ist es auch eine große, einmalige Chance. Wir haben Planungssicherheit, sind im Budget eingeplant und die Gagen für das Team haben sich verbessert. Im Moment ist es natürlich bei uns auch etwas schwieriger, wie aber auch bei den anderen Produktionen, durch die Personalknappheit und die extrem gestiegenen Materialkosten bei gleich bleibenden Etats, man hat dann schon Einschränkungen bei Bühnenbild und Kostümen. Doch wir waren immer erfinderisch und Weltmeister darin, vorhandene Dinge in neuem Licht erstrahlen zu lassen. ;)

blimu: Namhafte professionelle Musicaldarsteller und auch Schauspieler haben Ihre Nachwuchsförderung als Sprungbrett an die staatlichen Musical-Universitäten in Berlin, Essen, München oder Osnabrück genutzt, beispielsweise Jan Rekeszus, den ich selbst zuerst bei Ihnen auf der Bühne sah und der jetzt professionell gefragt ist. Am Staatstheater Darmstadt sieht man auch einige Ihrer Schützlinge in Musicalproduktionen. Andere sind schon viele Jahre dabei und Musical ist ihr Hobby geblieben. Wie schätzen Sie die Bedeutung der Nachwuchsförderung ein?

IL: Was wäre die Welt ohne Nachwuchs?! Wir würden aussterben! Die Nachwuchsförderung ist also besonders wichtig und zwar in allen Bereichen des Lebens und eben auch in der Kunst. Gerade im Theater ist es nicht so leicht, den richtigen Weg zu finden, da man in Schulen und Arbeitsvermittlungen nicht viel darüber erfahren kann. Man muss es sich selbst zusammensuchen, wenn man nicht von Haus aus damit in Berührung ist. Da können Institutionen wie die meine eine große Hilfe sein.

blimu: Was ist Ihnen bei Ihrer Arbeit besonders wichtig?

Iris Limbarth (r.) während der Probenarbeit
Foto: Ulrich Knapp

IL: Partnerschaftliches Arbeiten im Team auf Augenhöhe, gegenseitiger Respekt und Fairness. Das vorhandene Talent zu erkennen, langsam aufzubauen, je nach Startvoraussetzung, nicht zu früh zu viel zu fordern, aber auch nicht zu unterfordern, das ist der richtige Weg, denke ich.

blimu: Was erschwert Ihre Arbeit und was macht Ihnen besonders viel Freude?

IL: Die Arbeit wird erschwert durch äußere Zwänge, die oben beschriebene Ressourcen- und Personal-Knappheit, aber auch den chronischen Raummangel. Oft müssen sich mehrere Produktionen die wenigen Räume teilen und mit Jugendlichen ist man leider zeitlich nicht so flexibel. Wenn wir also zum Beispiel 4 Bühnentage haben, sind das bei uns 4 Proben, bei Profis 8. Das verlängert natürlich die Probenzeit und wir proben deshalb fast immer das ganze Wochenende, da haben die Profis in der Regel nur Vorstellungen, keine Proben. Jede Produktion dauert dann je nach Größe 3-6 Monate, bei Profis im Vergleich ca. 6 Wochen.

Freude macht mir die Begeisterung, mit der die jungen Kolleginnen und Kollegen an die Sache herangehen, oft schon gepaart mit einer großen Ernsthaftigkeit und vor allem mit großer Leidenschaft. Das ist großartig!

blimu: Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen?

IL: Dass sich diese Bedingungen verbessern und dass die Nachwuchsarbeit und der Kinder- und Jugendbereich insgesamt ernster genommen und mehr anerkannt wird. Aber dieser Sonderpreis ist schon mal ein guter Anfang! :)

Die Fragen stellte Barbara Kern