»Die stille Nacht« ist gar nicht so still

Weihnachtsmusical von Espen Nowacki

Nikolaus (Stephan Brauer, oben) blickt auf den Stress, den die Menschen (Ensemble) sich wegen Weihnachten machen
Foto: Ingrid Kernbach

»Die stille Nacht« offenbart sich auf der Bühne als gar nicht so still, wie man es vermuten könnte. Denn genau das ist doch das Problem unserer Zeit, dass wir vor Weihnachten eher in Stress und Hektik verfallen als still zu werden. So geht es auch Mutter Sophie (Kirsten Schneider) und Vater Phil (Lutz Standop). Sophie, völlig überfordert mit Wohnung putzen und Weihnachtsvorbereitungen, mit Baby Tom und Tochter Gabrielle (Johanna Wypich). Phil, der noch tausende Termine zu erledigen hat, eigentlich den Weihnachtsbaum kaufen sollte, aber immer nur am Handy hängt. Und Töchterchen Gabrielle, die sich vernachlässigt fühlt wegen des Babies und sich aufmüpfig weigert, ihr Zimmer aufzuräumen.

Vater Phil (Lutz Standop, l.), Sophie (Kirsten Schneider) und Tochter Gabrielle (Johanna Wypich)
Foto: Ingrid Kernbach

Doch dann passiert etwas völlig Unerwartetes. Vor der Tür steht ein Paar, sie hochschwanger, und noch dazu mit einem Esel, und sucht ein Quartier für die Nacht. Aber hallo! Wer hat denn am Weihnachtstag noch Zeit, sich wildfremde Leute ins Haus zu holen. Natürlich werden die beiden noch dazu sehr merkwürdig gekleideten Leute weggeschickt. Und nicht nur von Sophie und Phil! Doch Gabrielle kommt irgend etwas sehr merkwürdig an diesem Paar vor und so macht sie sich, trotz Schneesturms draußen, auf die Suche nach dem Paar. Mitgenommen hat sie ihre Puppe, einen Engel, der ihr später mit sehr souliger Stimme von Zoe Staubli zur Hilfe kommt. Und Papa Phil, der sich nun doch Sorgen um die Tochter macht, rennt hinter ihr her.

Josef (Stefan Tolnai) und die schwangere Maria (Kirsten Schneider) mit ihrem Esel auf der Suche nach einer Herberge
Foto: Ingrid Kernbach

Als Gabrielle (Johanna Wypich, l.) dem Paar (Stefan Tolnai und Kirsten Schneider) folgt, ist da auf einmal eine Tür, durch die sie die Vergangenheit betritt
Foto: Ingrid Kernbach

Doch durch eine Tür, die der Weihnachtsmann (Stephan Brauer) ihnen in den Weg stellt, landen beide im Jahr 0, also pünktlich zu Jesus‘ Geburt, in Bethlehem. Hier begegnen sie auch König Herodes (Christian Venzke) und seinem Finanzbeamten Ismael (Chris Green), die natürlich auch von der Ankunft des neuen Königs gehört haben. Und so gibt Herodes den Auftrag, alle kleinen Kinder umbringen zu lassen..
Natürlich kennen Gabrielle und Phil die Geschichte von Christi Geburt, von dem Stern, der den Heiligen Drei Königen den Weg zur Grippe weist und der hier tatsächlich an die Decke projiziert wird. Mit Hilfe von Weihnachtsmann und Engel retten Gabrielle und Phil das Jesuskind vor den Häschern und so kommt nach einiger Aufregung alles zu einem guten und fröhlichen Ende.

Rockender Nikolaus (Stephan Brauer) und seine Rentiere (Sophie Bauer, Markus Schiefer, Chris Green). Foto: Ingrid Kernbach

Espen Nowacki, der sowohl die Geschichte als auch die Musik (Arrangements von Nico Gaik) geschrieben hat und das Stück auch inszeniert, ist es gelungen, viele etablierte Musicaldarsteller auf die Bühne zu holen. Und so werden die mitreißenden Lieder mit Ohrwurm-Charakter auch von wirklich guten Stimmen gesungen. Besonders auffällig Stephan Brauer als rockender Weihnachtsmann.

»Die stille Nacht« orientiert sich an der Weihnachtsgeschichte des Lukas Evangeliums und ist ein großer Spaß für Jung und Alt, wobei der Gedanke, wie es wohl wäre, wenn Maria und Joseph in unserer Zeit eine Bleibe suchen würden, auch etwas zum Nachdenken anregt. Viel zu oft vergessen wir über all dem Stress der Weihnachtszeit den eigentlichen Sinn von Weihnachten.

»Die stille Nacht« tourt noch bis Anfang 2023 durch Deutschland – Anschauen lohnt sich!