Noch unter Intendant Bodo Busse, der nun Generalintendant am Saarländisches Staatstheater ist, war gemeinsam mit der Stadt Coburg in einem Workshop eine Lösung für die Generalsanierung des Landestheaters gefunden worden: eine Interimsspielstätte durch Teilumbau in der Halle am Anger. Vor wenigen Tagen kam – unerwartet – seitens einiger Mitglieder des Stadtrates der Vorschlag , auf eine Interimsspielstätte ganz zu verzichten. Während der 4-jährigen Sanierung des Hauses soll das »Landestheater »an wechselnden Spielorten überdauern«. Zudem wird den Verantwortlichen nahegelegt: »kreative Konzepte für ein jüngeres Publikum [zu] entwickeln« und der indirekte Vorwurf erhoben, Subventionen für das Theater bedeuteten Verluste für notwendige soziale Projekte wegen der »haushalterische[n] Bevorzugung
einer relativ kleinen Bevölkerungsgruppe«.
Nicht nur der designierte Intendant Dr. Bernhard F. Loges verweist darauf, dass Coburg auch während der Generalsanierung eine funktionierende Spielstätte braucht, um weiterhin als Landestheater arbeiten zu können. Schauspieldirektor Matthias Straub, Generalmusikdirektor Roland Kluttig und Ballettdirektor Mark McClain haben in einem Video eine Argumentation aufgebaut, deren Kernpunkte hier – ohne zu politisieren – wiedergegeben werden sollen:
Straub betont, in den letzten Jahren seien bereits zahlreiche kreative Konzepte für das Bespielen diverser Spielstätten gesucht und gefunden worden, etwa eines Wirtshauses und einer Buchhandlung, die gut angenommen worden seien.
Kluttig erklärt, dass Konzerte in der Morizkirche und im Congresshaus stattfinden. Allerdings ist Musiktheater außerhalb einer Spielstätte wie des Landestheaters nur sehr eingeschränkt spielbar: allenfalls in ein paar wenig Gastspielen in Fürth, Erlangen und Schweinfurt, wie verschiedentlich geschehen.
Doch das, für was das Landestheater Coburg bekannt sei: Schauspiel im großen Format, Oper und Musical gibt es in Coburg keinen Raum. Das gilt laut McClain auch für das Ballett, das erst vor 8 Jahren überhaupt wieder zurück ins Theater kam: »Tanz braucht eben Platz«.
Zum Thema »kreative Konzepte für ein jüngeres Publikum«
Kluttig erklärt, es gäbe schon jetzt zahlreiche Projekte für ein junges Publikum, wie »Concerts for Kids« oder ein Projekt mit Coburger Grundschülern sowie Kinder- und Jugendaufführungen wie »Peter und der Wolf«.
Straub führt Kinder- und Jungendtheater und das »Klassenzimmer-Theater« an, bei dem Grundschüler, teilweise mit Migrationshintergrund erstmals Schauspiel erleben können. Im Forum »Junge Autoren« bewerben sich junge Autoren darum Stücke für ein junges Publikum zu schreiben, die dann am Landestheater aufgeführt werden.
McClain führt u. a. »First Steps« an, bei dem Tänzer für ein junges Publikum choreographieren
Zum Thema »haushalterische[n] Bevorzugung einer relativ kleinen Bevölkerungsgruppe«
Kluttig sieht in der Aufrechnung sozialer Projekte gegen Kultur eine Mode. Er betont, dass »Theater […] das städtische Herz einer Kommune« ist. »Insbesondere Coburg lebt auch vom Theater« als Anziehungspunkt.
Straub führt an: »In Deutschland gehen mit 35 Millionen Besuchern fast die Hälfte der Bevölkerung ins Theater (3x soviel wie in die 1. Bundesliga). Deshalb kann man nicht mehr von einer Elite sprechen.«
Kluttig führt eine Studie aus Leipzig zur »Umwegrentabilität an«, nach der die Einnahmen einer Stadt durch das Theater größer seien als die Subventionen. Dabei gelte als erwiesen, dass die großen Produktionen in Coburg ziehen, deshalb brauche man innerhalb der 4 Jahre der Generalsanierung, neben dem kreativen Bespielen anderer, kleinerer Spielstätten eine ausreichend große Spielstätte, um das Landestheater mit seinen Minimalanforderungen aufrecht zu erhalten. Zudem sei ein attraktives Haus wichtig, denn nur mit enem solchen könne sich die Kommune als »unser Theater« identifizieren.
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