Einblicke in »Wildes Berlin«

Am letzten Donnerstag lud das BKA Theater zu einem Pressetermin der Uraufführung »Wildes Berlin« – ein neues Musical von Wolfgang Böhmer (Musik), Tom van Hasselt (Liedtexte) und Robert Löhr (Buch) – ein. Zwei kurze Ausschnitte wurden präsentiert und für uns ergab sich die Möglichkeit, O-Töne der Kreativen und Darsteller einzufangen

Robert Löhr – Buch

Hase Sechser (Christian Näthe, r.) , isst am liebsten Vegetarisch. Waschbär Wash (Lars Kemter, l.) und Füchsin Faye (Emm Rönnebeck, mitte) sind davon nicht begeistert Foto: Juliane Blume

Hase Sechser (Christian Näthe, r.) , isst am liebsten Vegetarisch. Waschbär Wash (Lars Kemter, l.) und Füchsin Faye (Emm Rönnebeck, mitte) sind davon nicht begeistert
Foto: Juliane Blume

United Musicals: Wie sind Sie überhaupt auf die Idee zu »Wildes Berlin« gekommen?

Robert Löhr: Mich faszinieren Tiere schon immer und ich finde die unglaublich reiche Tierwelt in Berlin thematisch sehr spannend. Und ich wollte ein Berlin-Musical schaffen. Da gibt es sehr viele Herangehensweisen, denn man kann aus vielen unterschiedlichen Blickwinkeln auf die Stadt schauen: Ich wollte es durch die Welt der Tiere tun.
Tiere sind in diesem Falle einfach sehr gut geeignet, um Berlin kompromisslos und taktlos im Gewand einer klassischen Fabel zu zeigen. Wir machen uns nicht über eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe lustig, sondern tauschen diese durch einen Waschbär, eine Taube oder ein anderes Tier aus. Jeder versteht, was gemeint ist, doch wir greifen niemanden persönlich an, wir verarbeiten die Themen satirisch im Tierfell. (lacht)
Gerade in Berlin kann man da aber auch in die Vollen gehen. Ich finde es einfach interessant, diese possierlichen Tierchen wie etwa einen Waschbär oder Hasen in Verbindung mit diesem doch derben Humor und den Inhalten zu setzen.

UM: Und warum in Verbindung mit Musik?

RL: Weil die Geschichte sonst zu trocken wäre. Die Musik bringt einen gewissen »Glamour«-Faktor hinein.

UM: Wie ist es im nächsten Schritt zur Zusammenarbeit mit Wolfgang Böhmer und Tom van Hasselt gekommen?

RL: Beide waren mir schon im Vorfeld ein Begriff und sind auf ihrem Gebiet einfach genial. Also wollte ich unbedingt beide mit im Boot haben. Und bis hierher hat auch alles sehr gut geklappt – Klopf auf Holz. Ich finde es schön, wenn nicht jeder für sich arbeitet, sondern man im Gespräch seine Gedanken austauschen kann. Ich bin von uns Dreien auch noch das »Musical-Küken« und kann bei dieser Zusammenarbeit noch viel lernen.

UM: Können Sie uns von ein paar Ihrer persönlichen tierischen Begegnungen in Berlin erzählen?

RL: Ratten und Mäuse sieht man in Berlin natürlich ständig. Viele finden sie eklig, aber ich freue mich, wenn ich eine Ratte auf einem Mülleimer sitzen sehe. Füchse finde ich großartig. Die haben die Ruhe weg und lassen sich überhaupt nicht stören. Sie huschen nicht schnell weg, sondern bleiben eher stehen und schauen dich mit einem »Was-willst-du-eigentlich-von-mir«-Blick an. Es ist faszinierend, wie die Tiere sich dieser Umgebung anpassen. Es gibt Tiere, die lernen Ampeln zu benutzen und auf Grün zu warten.

Hase Sechser (Christian Näthe, Mitte) , Waschbär Wash (Lars Kemter, r.) und Füchsin Faye (Emma Rönnebeck, l.) sind schockiert Foto: Juliane Blume

Hase Sechser (Christian Näthe, Mitte) , Waschbär Wash (Lars Kemter, r.) und Füchsin Faye (Emma Rönnebeck, l.) sind schockiert
Foto: Juliane Blume

Wolfgang Böhmer – Musik

UM: Sie haben schon für sehr unterschiedliche Musicals die Musik komponiert, zuletzt für »Stella« an der Neuköllner Oper. Was erwartet die Zuschauer musikalisch in »Wildes Berlin«?

Wolfgang Böhmer: Eigentlich alles, was im Rock- und Popbereich gut rüberkommt, angepasst auf die Songtexte von Tom (van Hasselt). Es war diesmal eine andere Arbeit für mich, denn sonst komponiere ich eher Musik für andere Musicals. Aber mit »Wildes Berlin« gehe ich zurück zu meinen musikalischen Wurzeln in den 80ern. Ich orientiere mich an dem Stil der Zeit und oft wird man auch denken: »Das habe ich schon mal irgendwo gehört/Das klingt doch wie …«. So ist es auch gedacht.

UM: Wie viel verändert sich musikalisch noch bei den Proben zu einer Uraufführung?

WB: Es steht alles und es bleibt auch so. Wir arbeiten hier mit einer extra für die Uraufführung im Studio aufgenommenen Version der Musik. Daher kann nicht, wie ich es sonst mache, in den Proben daran noch etwas geändert werden. Für mich ist das eine ganz andere Art der Arbeit. Man muss sehr früh wissen, ob es funktioniert oder nicht. Und ich hoffe, dass es funktioniert. (lacht)

UM: Wie lange arbeiten Sie jetzt schon an diesem Projekt?

WB: Ich weiß gar nicht mehr genau, wann Robert auf mich zukam … Es ist aber sicher schon über ein Jahr her. Wir haben verschiedene Fassungen erarbeitet und uns »rangetastet«. Für das Komponieren der Musik habe ich etwa 2 Monate gebraucht. Denn wenn das Konzept steht, geht das bei mir sehr schnell.
Danach habe ich dann immer mit Robert und Tom als »kreativem Kompetenzteam« (lacht) zusammengesessen und wir haben am Stück gearbeitet. Hier im BKA Theater kommt dann alles auf die Bühne und wir müssen so lange daran arbeiten, bis es funktioniert.

 

Tom van Hasselt – Liedtexte

UM: Wie können wir uns die Zusammenarbeit mit dem Autor und Komponisten vorstellen. Kommt die Musik zuerst oder entwickeln Sie die Texte und Musik zusammen.

Tom van Hasselt: Wolfgang (Böhmer) arbeitet gerne so, dass die Texte zuerst entstehen und er dann die Musik dazu schreibt. Also habe ich mich einfach hingesetzt und die Liedtexte kreiert. Er hat sie im Anschluss vertont und wir haben in Abstimmung alles gemeinsam überarbeitet und diskutiert – auch mit Robert (Löhr). Das hat sehr gut funktioniert.

UM: Wie ist es überhaupt zur Zusammenarbeit mit Robert Löhr gekommen? Hat er Sie direkt angefragt?

TvH: Ich bin als Letzter von ihm angefragt worden, da war schon klar, dass Wolfgang die Musik schreibt. Ich hatte kurz zuvor den »Deutschen Musical Theater Preis« gewonnen und daraufhin ist er wohl auch auf mich zugekommen.

 

Denis Fischer – Regie

UM: Wie sind Sie an die Inszenierung von »Wildes Berlin« herangegangen?

Denis Fischer: Ich wollte kein Musical kopieren das ebenfalls mit Tieren arbeitet, wie etwa »Cats«, wo die Darsteller dann in sanftem Gang über die Bühne schleichen. (lacht)
Trotzdem habe ich mich gefragt: »Was ist typisch tierisch und was würden wir als Menschen nie tun?« und habe mich dann in kleinen Schritten der Arbeit mit diesem Stück angenähert. Ich habe mich an kleine Gesten erinnert, die in der Tierwelt oft vorkommen. Denn wir würden uns als Menschen nie gegenseitig kratzen und nach solchen Sachen habe ich gesucht.
Die Vorlage ist jetzt schon grandios, aber ich muss mit den drei Kreativen schauen, ob alles so wie es ist, zusammenpasst.

UM: Wie ist es zur Zusammenarbeit gekommen?

DF: Hier über das BKA Theater. Ich habe hier meine Soloprogramme und wurde dann angefragt.

UM: Und wie lange proben Sie schon?

DF: Insgesamt etwa sechs Wochen.

 

Christian Näthe, Emma Rönnebeck, Konstanze Kromer & Lars Kemter – verschiedene Rollen

UM: Wie sind zu »Wildes Berlin« gekommen?

Taube Ülker befragt Hase Sechser (Christian Näthe, 2.v.l.), Waschbär Wash (Lars Kemter, 3.v.l.) und Füchsin Faye (Emma Rönnebeck, r.) nach den Geschehnissen der letzten Nacht Foto: Juliane Blume

Taube Ülker befragt Hase Sechser (Christian Näthe, 2.v.l.), Waschbär Wash (Lars Kemter, 3.v.l.) und Füchsin Faye (Emma Rönnebeck, r.) nach den Geschehnissen der letzten Nacht
Foto: Juliane Blume

Lars Kemter: Ich weiß gar nicht genau, wie der Kontakt zustande gekommen ist, aber der Regisseur Denis Fischer hat mich in »Hinterm Horizont« auf der Bühne gesehen, das ich bis vor kurzem noch gespielt habe, und dann haben sie mich besetzt.

Konstanze Kromer: Ich spiele hier im BKA Theater in »Theatersport Berlin« mit. Die Kreativen kamen auf mich zu und es gab ein Vorsprechen. Ich war sehr aufgeregt, denn ich hatte so etwas länger nicht mehr gemacht. In einem Musical zu spielen ist etwas Besonderes für mich.

Emma Rönnebeck: Ich kenne Robert (Löhr) gut, weil ich vor etwa 15 Jahren mit einem Freund von ihm Schauspiel studiert habe. Und er hat mich angerufen.

Christian Näthe: Ich kenne Robert auch schon länger und er hat mich für das Vorsprechen vorgeschlagen.

UM: Können Sie uns etwas über Ihre Rollen erzählen?

LK: Ich spiele den Waschbären Wash, er ist so eine Art Moderator oder Sherlock Holmes der durch den »Fall«/die Geschichte führt. Zudem spiele ich noch den Schäferhund Rex, einen ehemaligen Drogenspürhund. Beide sind sehr »fellige« Kumpanen, also habe ich auch sehr warme Kostüme an. Am besten wäre es gewesen, wenn wir Open Air auf dem Weihnachtsmarkt gespielt hätten. (lacht)

KK: Ich habe das Glück, vier Rollen zu spielen. (grinst) Meine größte Rolle ist Ülker, die Türken-Taube. Die gehört zum »harten Kern« der Tiergruppe und ist eine »Gute«, eine sehr liebevolle, mütterliche Taube. Dann spiele ich noch Bella, die Pennerkatze. Sie ist eine abgehalfterte, zurückgelassene Katze. 20 Jahre nach »Cats« interessiert sich keiner mehr für sie und sie versucht, sich mit Schnorren über Wasser zu halten. Sie hat einen tollen Song im Stil von Nina Hagen bzw. »Silly«.
Daneben spiele ich noch Jerzy, den Kleinganovenmarder. Er baut Autobatterien aus, verkauft sie dann und lebt davon. Er ist ein sehr schmieriger Zeitgenosse. Und meine vierte Rolle ist der Prenzl-Biber, ein Zugezogener aus dem Schwabenländle. Er hat natürlich immer eine »Latte-to-go« dabei und viele Kinder.

CN: Ich spiele den etwas neurotischen Hasen Sechser. Ein »Woody-Allen-Hase« könnte man sagen. Er ist ein empfindlicher und ehrlicher Charakter.

ER: Ich bin die Reinickendorfer-Füchsin Faye, außen hart, innen weich wie Butter. Und das versuche ich auch zu zeigen.

UM: Kann man sich auf die Arbeit in so einem warmen Ganzkörperkostüm körperlich vorbereiten oder muss man es einfach nur aushalten lernen?

LK: Ich denke, wenn man häufig in die Sauna geht, gewöhnt man sich etwas an die Hitze. Aber wirklich darauf vorbereiten, das ist schwierig.

KK: Nicht wirklich. Es ist eine große Herausforderung. Ich mache es eigentlich mit »Augen-zu-und-durch«. Aber abgesehen davon, dass es sehr heiß ist und ich in meiner Rolle als Taube auch noch in Schwimmflossen laufen muss, hilft es unheimlich bei der Entwicklung der Rolle. Ich habe aber auch schon ein bisschen Erfahrung mit solchen Kostümen. Am »Atze Musiktheater Berlin« habe ich schon einmal eine Schildkröte gespielt. Da habe ich auch einen Ganzkörper-Wollanzug getragen und musste mit einem Roller über die Bühne rollen. Das war fast noch schlimmer.

UM: Haben Sie in Berlin selbst schon verrückte Tiergeschichten erlebt?

ER: Man erlebt ja eine Menge. Ich finde es immer cool, wenn man Füchse sieht, die ruhig durch die Gegend laufen. Und man sieht natürlich immer viele Ratten.

CN: Ich habe mal gesehen, wie ein Fischadler ein Haubentaucherbaby quasi aus dem Schoß der Mutter gerissen hat. Das war ziemlich spektakulär, aber so ist nun mal die Natur.
Eine Geschichte, die ich leider selbst nicht erlebt habe, sondern ein Freund von mir, muss ich aber auch noch erzählen: Bekannte von mir haben am Spreeufer gezeltet und gegrillt. Irgendwann kam dann ein Fuchs, zwar vorsichtig, aber fast ohne Scheu hat er um eine Wurst gebettelt, aber mein Bekannter hat ihn verjagt. Am nächsten Morgen war dann sein Schuh komplett zerkaut, ziemlich eindeutig von dem Fuchs. Der hat sich nämlich genau gemerkt, wer ihn da verscheucht hat.

UM: Wir von United Musicals bedanken uns für die kurzen Einblicke in »Wildes Berlin« und wünschen Ihnen allen eine erfolgreiche Uraufführung.