Lern‘ du erst mal Deutsch …

»Sally und Fred« im Berliner Wintergarten Varieté

»Lern‘ du erst mal Deutsch« … dieser provokative, aber auch liebevoll scherzhaft gemeinte Ausspruch von Fred (Helmut Baumann) gegenüber seiner Pflegekraft Sally (Sarah Bowden) ist der Aufhänger des Abends und bleibt im Kopf. Doch die neue Show »Sally und Fred«, welche am 30. März im Berliner Wintergarten Varieté unter Regie von Markus Papst und mit Musik von Jack Woodhead u .a. ihre Uraufführung feierte, hat noch einiges mehr zu bieten!

Sally und Fred ein ungleiches Paar (Helmut Baumann und Sarah Bowden) Foto: Juliane Blume

Sally und Fred ein ungleiches Paar (Helmut Baumann und Sarah Bowden)
Foto: Juliane Blume

In dieser amüsanten und auch etwas nachdenklich stimmenden Show treffen Fred – einst ein berühmter Regisseur und Showstar –, der aufgrund seines fortgeschrittenen Alters auf Hilfe angewiesen ist, und Pflegerin Sally – eine junge Musicaldarstellerin, die noch auf ihren Durchbruch wartet – aufeinander.
Sie hält ihn für einen „alten Knacker“ und unterschätzt ihn komplett, zumal Fred auch noch im Rollstuhl sitzt. Doch so sehr die beiden sich auch in vielen Dingen uneinig sind, so einig sind sie sich, wenn es um ein Leben auf der Bühne geht. Fred erzählt Sally von seinen Erfolgen und gesteht ihr, dass er eigentlich nicht auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Doch um nicht den ganzen Tag allein in seiner Wohnung zu hocken, hat er sich eine höhere Pflegestufe erschwindelt. Diese ermöglicht es ihm auch, dass Sally täglich nach seinem Wohlergehen schaut und macht sein Leben lebenswerter.

Fred versucht sich eine Tiefkühlpizza zuzubereiten  Foto: Tom Starbuck

Fred versucht sich eine Tiefkühlpizza zuzubereiten
Foto: Tom Starbuck

Doch auch für Sally erweist sich Fred als Bereicherung: Sie lernt von ihm, dass sie nicht immer alles auf einmal können muss, sondern sich auf die wesentlichen Dinge – Fähigkeiten, die sie besonders machen – konzentrieren soll. Sally nimmt sich Freds Ratschläge zu Herzen und bald steht auch schon die erste Audition für eine große Rolle an …
Helmut Baumann und Sarah Bowden spielen diese Show, als hätten sie nie etwas anderes getan, und als würden sie sich seit Jahrzehnten kennen. Baumann verkörpert sowohl die »grummelige« Seite von Fred überzeugend, überrascht aber kaum eine halbe Stunde später in High Heels und Federboa mit einem gesanglich starken ‚Ich bin, was ich bin‘. Er überzeugt mit Charme, Witz und insbesondere die Szene, in der er versehentlich einen von Sallys „besonderen Coockies“ gegessen hat, ist kaum zu übertreffen. Spätestens als er seine Welt als »rosa und blausa« beschreibt, bleibt kaum ein Auge trocken. Doch vergisst Baumann über all dem Witz auch die ernste Seite seines Charakters nicht und regt mit seiner Darstellung zum Nachdenken an. Denn allein in einer kleinen Einzimmerwohnung zu sitzen und Zeitung zu lesen, ist nicht das, was Fred sich für seinen Lebensabend vorgestellt hat.

Schick - auch in Netzstrümpfen (Sarah Bowden und Helmt Baumann) Foto: Juliane Blume

Schick – auch in Netzstrümpfen
(Sarah Bowden und Helmt Baumann)
Foto: Juliane Blume

Sarah Bowden ist als Sally genau, wie man sich eine junge, etwas kopflose Musicaldarstellerin vorstellt. Ständig kommt sie zu spät und quasselt Fred mit ihrem grammatikalisch nicht immer richtigen Deutsch zu. Bowden ist vom ersten Moment an präsent und geht ganz in ihrer Rolle auf. Spielfreude und gesangliches Talent zeigt sie in jeder ihrer Szenen. Doch auch ihr gelingt es, dem Zuschauer eine ruhige und nachdenklichere Seite von Sally zu eröffnen. Sie glänzt mit ihrem Solo ‚Diva‘ und zieht sichtlich auch Baumann in ihren Bann.

Unterstützt wird das ungleiche Paar von Robin Poell und Hunter Jaques. Poell wirkt in seiner kurzen Szene als Pfleger John mit seinem charmantem Spiel nicht nur auf Fred und Sally anziehend. Zudem überzeugt er zusammen mit Robin Poell in rasanten und gekonnten Tanzszenen. (großartig choreographiert von Christopher Tölle)
Kennengelernt haben sich Helmut Baumann und Sarah Bowden an der Komischen Oper Berlin beim »Ball im Savoy«. Beide verbindet die Musik und ein neues Stück zu schreiben, das Alt und Jung begeistert, und das ist ihnen mit »Sally und Fred« zweifellos gelungen. Sie haben eine Show kreiert, mit der sie über den Tellerrand schauen, eine Show die voller Witz und Entertainment steckt.

Fazit: Unbedingt anschauen!