Thomas und Alvin ergänzen einander

Das Autorenteam Neil Bartram & Brian Hill zu »Die Geschichte meines Lebens«

Neil Bartram. Foto: Chris Mueller

Neil Bartram. Foto: Chris Mueller

Brian Hill. Foto: Chris Mueller

Brian Hill. Foto: Chris Mueller

United Musicals: »The Story of my Life« wurde bereits in mehreren Ländern gespielt, sogar in Korea. Wie fühlen Sie sich angesichts dieser deutschsprachigen Erstaufführung?

Neil Bartram & Brian Hill: Wir sind begeistert. Wir haben die deutsche Fassung gesehen und Daniel hat da wirklich einen tollen Job gemacht, die Show ist in exzellenten Händen. In Korea konnten wir die Produktion damals leider nicht sehen, aber wir haben Videos sehen und das Cast-Album hören dürfen. Letztens erst sind wir auch in Dänemark gewesen und das war ebenso wunderbar. Es ist großartig zu erleben, wie jeder seinen eigenen Zugang zum Thema des Stückes findet.

UM: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Unterschiede zwischen den beiden Protagonisten Alvin und Thomas?

N.B. & B.H.: Alvin und Thomas sind totale Gegensätze. Alvin ist ein Freigeist, während Thomas viel verschlossener ist. Diese Gegensätzlichkeit bindet sie aneinander, auf irgendeine Weise ergänzen sie einander. Aus diesem Grund sitzt Thomas fest, als er sich auf einmal von seinem Freund getrennt sieht.

UM: Und was sind ihre speziellen Eigenheiten?

N.B. & B.H.: Das ist eine sehr interessante Frage. Thomas fehlt die Fähigkeit, das große Ganze zu erkennen, er läuft mit gesenktem Kopf durch sein Leben und hält nie an, um einen Blick außerhalb seiner „Scheuklappen“ zu riskieren. Alvin hingegen ist ein offenes Buch und gibt Thomas damit möglicherweise zu viel Macht in ihrer Freundschaft.

UM: War Ihnen beiden bereits vom Beginn des Entwicklungsprozesses an klar, dass Sie eine Sammlung von kleineren Geschichten schreiben, die sich zu einer Haupthandlung zusammenfügen?

N.B. & B.H.: Ja, diesen Plan haben wir von Anfang an verfolgt. Es sollte immer schon eine Geschichtensammlung werden, die sich in ihren Einzelteilen zu etwas Größerem erschließt. Das Schwierige daran war die Struktur, wir hatten sehr viele Versionen von rein chronologischer bis zu komplett willkürlicher Reihenfolge. Allerdings war die Idee von Geschichten, die wie Bücher in einer Bibliothek verstaut werden, durchgängig der Kern des Stückes.

UM: In einem Interview mit „Playbill“ aus 2009 haben Sie erwähnt, dass Ihr ursprünglicher Ausgangspunkt ein männlicher und ein weiblicher Charakter waren, die später zu zwei Männern abgeändert wurden. Weshalb hatten Sie zuerst an einen Mann und eine Frau gedacht?

N.B. & B.H.: Es erschien uns damals der logische Startpunkt zu sein. Wir hatten beide lange Freundschaften zu Frauen, also war es für uns sozusagen bekanntes Terrain. So begannen wir mit Alvin und Rosemary. Es stellte sich jedoch heraus, wie schwierig es wird, die beiden Charaktere nicht in eine romantische Beziehung rutschen zu lassen … oder das Thema Liebe zumindest nicht anzuschneiden. Es schien wie der sprichwörtliche Elefant, den man nicht ignorieren kann, im Raum zu stehen.

UM: Was hat sich für Sie verändert als Sie sich entschieden haben, die Charaktere neu zu entwerfen?

N.B. & B.H.: Als aus Rosemary Thomas wurde, ergab sich auf einmal alles wie von selbst. Es ist eine Geschichte über die Schwierigkeiten miteinander zu kommunizieren und Intimität zuzulassen. Das ist etwas, das häufiger in männlichen Beziehungen vorkommt. Mit zwei Männern im Zentrum der Geschichte gab es auf einmal diese natürliche soziale Barriere gegen Kommunikation, die wir haben wollten.

UM: Ich danke Ihnen herzlich für das Gespräch.

Das Interview führte Felix Lanmüller

Neil Bartram und Brian Hill schrieben vor ihrem Durchbruch mit »The Story of My Life« bereits Musik und Texte für kleinere Produktionen wie »Clara’s Piano« (Stratford Festival), »Somewhere in the World« (Charlottetown Festival) und »The Nightingale and the Rose«. Zuletzt wurde Bartrams Adaption von Carlo Collodis »The Adventures of Pinocchio« in der Spielzeit 2011 vom Chicago Shakespeare Theater inszeniert. Die aktuellen gemeinsamen Projekte beinhalten die Bühnenfassung des Romans »Something Wicked This Way Comes/Das Böse kommt auf leisen Sohlen« von Ray Bradbury sowie eine Bearbeitung des Disneyfilmes »Bedknobs & Broomsticks/Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett«.