»24-Stunden-Musicals« in Ahrensburg

Produzent Hauke Wendt und seine seine Frau Jacqueline Dunnley-Wendt, Gründer der Firma »Musical Creations Entertainment«, holten das einmalige Projekt nach Deutschland. Wir waren dabei!

Die vom Broadway bekannten »The 24 Hour Plays« – eine Musical-Benefizveranstaltung, die einmal jährlich in New York stattfindet, fand nun auch ihren Weg nach Deutschland.
Die Idee, die »24-Stunden-Musicals« Anfang November nach Ahrensburg bei Hamburg zu holen, hatten Hauke Wendt und seine Frau Jacqueline Dunnley-Wendt, Gründer der Firma »Musical Creations Entertainment«.

v.l.: Hauke Wendt, Philip Naudé und Kelcie Beene

v.l.: Hauke Wendt, Philip Naudé und Kelcie Beene Foto: Juliane Blume

Bei den »24-Stunden-Musicals« geht es darum, innerhalb von 24 Stunden neue Musicals zu kreieren und sie vor Ende des Zeitraumes zur Aufführung zu bringen. Hauke Wendt holte für diesen einmaligen Abend in Ahrensburg 32 Musical-Profis (u.a. Thomas Borchert, Drew Sarich, Wietske van Tongeren, Titus Hoffmann) aus Deutschland und Österreich in die Stadt nahe Hamburg.

Am Sonntag, dem 2. November, um 23.00 Uhr ging das Projekt in die erste Phase: die Kreativen und Darsteller trafen zum ersten Mal zusammen. Um 23.30 Uhr folgte eine Audition, in der die Darsteller ihr Können unter Beweis stellen konnten und den Kreativen eine gute Basis zum Komponieren und Texten lieferten.

Danach wurde es ernst: Von 0.30 bis 8.00 Uhr am nächsten Morgen schrieben, komponierten und konzipierten die vorher ausgelosten Autoren- und -Komponisten-Paare vier brandneue Musicals. Danach ging es weiter mit der Gruppenbildung, sodass alle langsam ihren gemeinsamen Weg fanden. Direkt danach begannen auch schon die Proben: Sowohl auf der Bühne als auch dahinter wurde intensiv an der Inszenierung sowie dem Licht- und Tonkonzept gearbeitet und natürlich geprobt, geprobt, geprobt … Nach etlichen anstrengenden Stunden war es dann am 3. November um 20.00 Uhr endlich soweit. Im ausverkauften Alfred-Rust-Saal wurde das gespannte Publikum von Moderator Marko Formanek, Organisator Hauke Wendt, seiner Frau Jacqui Dunnley-Wendt, Bürgermeister von Ahrensburg, Michael Sarach, der die Schirmherrschaft für dieses Projekt übernahm, und den Produzenten der »The 24 Hour Plays« – Kelcie Beene und Philip Naudé, die extra aus New York angereist waren – begrüßt. Nach einem kleinen Einführungsfilm ging es los.

Das erste Musical »Der Schwan« wurde von Lukas Höfling (Musik) und Kevin Schroeder (Buch) geschrieben. Stefan (Nicky Wuchinger), Alexander (Martin Pasching) und Marvin (Andreas Bieber) kämpften um die Gunst des Schwans (Marja Hennicke).

v.l.: Martin Pasching, Andreas Bieber, Marja Hennicke und Nicky Wuchinger

v.l.: Martin Pasching, Andreas Bieber, Marja Hennicke und Nicky Wuchinger Foto: Juliane Blume

Mit eingängigen Melodien spielten sich die drei Verehrer in die Herzen des Publikums. Nicky Wuchinger, Martin Pasching und Andreas Bieber warben, schwärmten und verrenkten sich jedoch letzten Endes vergebens wegen des Schwans, der sich zwar umschwärmen, aber nicht gewinnen ließ, sodass die drei enttäuscht zurück blieben. Marja Hennicke fühlte sich sichtlich wohl in ihrer Rolle als umworbener Schwan und überzeugte besonders mit gekonntem Schauspiel und einer klaren Stimme. Stellenweise waren die Texte akustisch etwas schwer zu verstehen, was sich leider etwas auf die Verständlichkeit der Geschichte auswirkte, der Qualität der Darstellung jedoch keinen Abbruch tat.
Das zweite Musical an diesem Abend hieß »Was kleines Gemeines«, geschrieben von Thomas Borchert (Musik) und Titus Hoffmann (Buch). In der Hauptrolle des Prinzen von Ab und Zu betrat Drew Sarich die Bühne. In seinem langen, schwarzen Mantel und einer Krone auf dem Kopf flirtete er sichtlich amüsiert mit dem weiblichen Publikum in den vorderen Reihen.

Prinz von Ab und Zu - Drew Sarich

Prinz von Ab und Zu – Drew Sarich Foto: Juliane Blume

Nachdem er in ‚Aber bitte, kein Applaus‘ davon sang, dass »Prinzessinnen sein Beuteschema« seien, mischten sich Diana Mercoli Böge (Aschenputtel), Silke Braas (Schneewittchen) und Lisa Antoni (Dornröschen) ein und klagten ihr Leid, dass sie dringend einen neuen Prinz suchen würden.
Auf seiner schier unendlichen Liste konnte der Prinz von Ab und Zu bereits etliche Prinzessinnen, so unter anderem Belle und Rapunzel, »abhaken«. Doch um den Bann zu brechen, der ihn wieder zurück in einen Frosch verwandeln würde, müsste er auch noch die drei restlichen Prinzessinnen um den Finger wickeln. Der ersten – Aschenputtel (Diana Mercoli Bröge) – brachte er als Zalando-Lieferant auf das Schloss Neutaubenstein ein nagelneues Paar Schuhe, konnte sie jedoch zunächst nicht von sich überzeugen. Mit ‚Den Schuh zieh ich mir nicht an‘ überraschte Diana Merco Böge sowohl gesanglich als auch im Spiel und ließ sich letztlich doch vom Prinzen um den Finger wickeln. Die zweite Prinzessin – Schneewittchen (Silke Braas) – überzeugte dieser als cooler Prinzen-Journalist mit Sonnenbrille und befragte sie zu ihren Erfahrungen mit den sieben Zwergen. Mit ‚Klein, aber oho‘ konnte Silke Braas zweifelsohne ihr Können zeigen und flüchte sich nach ihrem »Seelenstriptease« in die starken Arme des Prinzen. Die letzte Prinzessin auf seiner Liste war Dornröschen (Lisa Antoni).

v.l.: Lisa Antoni, Diana Mercoli Böge, Silke Braas

v.l.: Lisa Antoni, Diana Mercoli Böge, Silke Braas‘ Foto: Juliane Blume

 

Als der Prinz bei ihr eintraf, träumte sie von ihrem Traumprinz (‚Dein Traumprinz‘ – die im Duett wunderbar harmonierenden Lisa Antoni und Drew Sarich). Der Prinz und sie sangen vom gemeinsamen Glück und um sie vollends von sich zu überzeugen, ließ er die Hüllen fallen. Doch auch das konnte nicht davon ablenken, dass er »ein ganz normaler Prinz ist« und sie ließ ihn abblitzen. Daraufhin verwandelte er sich wieder zurück in einen Frosch.

Nach einer 20-minütigen Pause geht es mit dem dritten Musical »Am Faden« von Adrian Werum (Musik) und Nina Schneider (Buch) weiter. Die frisch verlassene Simone (Wietske van Tongeren) sitzt traurig auf der Couch, als ihre Mitbewohnerin Tanja (Jennifer Siemann) die Wohnung betritt. Nachdem sie dieser ihr Leid geklagt hat, versucht Tanja, Simone mit der neu gelieferten kompletten Staffel der Serie »Sex and the City« und der Platin-Version des Märchenklassikers »Drei Haselnüsse für Aschenbrödel« wieder aufzumuntern.

v.l.: Jennifer Siemann, Wiestke van Tongeren

v.l.: Jennifer Siemann, Wiestke van Tongeren Foto: Juliane Blume

Doch als sie das Paket öffnen, befindet sich nur eine Marionette darin. Enttäuscht fangen beide an sich zu streiten, bis sich auf einmal die Marionette bewegt. Verängstigt untersuchen die beiden die Puppe, können jedoch nichts Ungewöhnliches feststellen. Um Hilfe zu erhalten und ihre Angst zu teilen, posten sie ein Foto von der Marionette auf Facebook und erhalten mehr oder weniger nützliche Tipps von ihren virtuellen Freunden (‚Jeder postet gern auf Facebook‘ – gesanglich überzeugen beide im Duett). Die Angst wächst und ein Freund weist sie auf einen Geisterjäger ganz in der Nähe hin. Sie rufen die »Geisterjäger aus Poppenbüttel« zur Hilfe und überraschend schnell treffen die beiden Geisterjäger Thomas (Mathias Edenborn) und Rene (Enrico de Pieri) ein.

Mit verschiedenen Methoden versuchen sie, den Geist aus der Marionette zu vertreiben und benötigen dabei besonders wertvolles Silber. Dabei kommen sich Thomas und Simone näher. In einem unbeobachteten Moment ergreift Thomas die Chance und verführt Simone auf ihrer Couch (‚Der Märchenprinz aus der Tschechei‘).

Mathias Edenborn

Mathias Edenborn Foto: Juliane Blume

Rene und Tanja erwischen die beiden und Rene drängt Thomas zum Aufbruch. Dabei stellt sich heraus, dass die beiden nur zufällig vorbeigekommen sind und sich eigentlich auf dem Weg zu einem Einbruch befinden. Doch da meldet sich die Marionette wieder zu Wort. Aus ihr spricht der Geist von Ada Lovelace, einer Mathematikerin aus der Zeit um 1850. Sie übersetzte eine Beschreibung von Charles Babbages »Analytical Engine« ins Englische und fügte eigene Notizen und Überlegungen zum Bau dieser geplanten mechanischen Rechenmaschine hinzu. Babbages Maschine wurde zu seinen Lebzeiten nie gebaut, jedoch wird Ada Lovelace als erste Programmiererin der Welt betrachtet und die Programmiersprache Ada wurde nach ihr benannt. Die vier erkennen, wie sehr das Internet und die Social Media-Plattformen ihr Leben beeinflussen und dass dies nicht immer von Vorteil ist. Mit dem Rat, den Computer doch einmal auszulassen, endet die Geschichte: ein eher textlastiges Musical mit kritischer Sicht auf die digitalisierte Welt, in der wir leben – mit guten Darstellern und angenehmer Musik.

 

 

Mit dem letzten Stück »Käse oder Wurst«, von Johannes Glück (Musik) und Heiko Wohlgemuth (Buch), wurde langsam das Ende des Abends eingeläutet. Dies bedeutete aber nicht, dass das letzte Musical keinen Ohrwurm liefert.

v.l.: Lucius Wolter, André Haedicke, David Arnsperger

v.l.: Lucius Wolter, André Haedicke, David Arnsperger Foto: Juliane Blume

Wir befinden uns in einem Flugzeug: Die Stewardess (Charlotte Heinke) bietet den Fluggästen Lucius Wolter, David Arnsberger und André Haedicke ein Sandwich an und alle drei beschäftigen sich mit den drängenden Fragen ihres Alltags (‚Käse oder Wurst?‘): Fluggast 1 (Lucius Wolter) trägt einen gefährlichen Cocktail in sich. Er transportiert Kokain in seinem Magen, das ihm ein besseres Leben im Süden ermöglichen soll. Fluggast 2 (David Arnsberger) arbeitet als Vertreter für Haare und will lediglich seine Ruhe haben, doch da entdeckt er die vollen Haare des Duschkopf-Vertreters Fluggast 3 (André Haedicke) und sofort ist es um beide geschehen (‚Liebesduett‘) . In einem gefühlvollen Tänzchen schweben beide über das Parkett, als gäbe es kein Morgen.

v.l.: Charlotte Heinke, Lucius Wolter

v.l.: Charlotte Heinke, Lucius Wolter Foto: Juliane Blume

Derweil kommen sich auch die Stewardess (Charlotte Heinke) und Fluggast 1 (Lucius Wolter) näher. Er gesteht ihr sein Geheimnis und sein Ziel und beide erkennen, dass sie den gleichen Traum verfolgen: ein Leben in Acapulco (‚Acapulco‘ – ein Lied mit Ohrwurmpotential und schwungvollen Salsa-Rythmen). Nach Turbulenzen muss das Flugzeug ungeplant zwischenlanden – und dies natürlich in Acapulco. Alle vier beschließen, ein neues Leben zu beginnen und glücklich zu werden.
So endet das letzte Musical dieses Abends.

Es wurde viel gelacht und das nicht nur im Publikum. Man spürte den Spaß, den alle Beteiligten an dem »24-Stunden-Musicals«-Projekt hatten. Das Herzblut der Kreativen und Darsteller, und natürlich auch der Musiker, Techniker und aller anderen, die hinter der Bühne an diesem Projekt beteiligt waren, war in jedem einzelnen Moment greifbar und auch kleine Fehler und Pannen konnten das Vergnügen nicht trüben. Was alle in gerade einmal 24 Stunden am Abend des 3. November auf der kleinen Bühne in Ahrensburg vollbracht hatten, war ohne jegliche Übertreibung bemerkenswert.
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