Morticia lebt in ihrer eigenen Welt

Edda Petri über ihre Rolle als Morticia Addams

Edda Petri. Foto: Sandra Reichel

Edda Petri. Foto: Sandra Reichel

United Musicals: Morticia scheint in der Addams Familie eine besonders menschliche Figur zu sein, vor allem als Frau, mit ihrer Angst vor Krähenfüßen etc. Wie empfinden Sie das?

Edda Petri: Gerade die Szene mit den Krähenfüßen wurde nach der Uraufführung am Broadway in der Tourfassung und damit jetzt aktuellen gestrichen. (lacht) Trotzdem versuche ich, die Angst vorm Älterwerden in meinem Spiel durchschimmern zu lassen. Ich habe bedauert, dass die Szene gestrichen wurde, jetzt gibt es nur noch kleine Sätze wie von Gomez: »Du warst doch auch mal eine junge, begehrenswerte Frau«, auf die sie dann dementsprechend reagiert.

UM: Was ist für Sie das Besondere am Stück?

EP: Das Stück und meine Rolle erscheinen einem im ersten Augenblick ganz fremd. Eine Frau, die im schwarzen Satin-Abendkleid Staub wischt, ist etwas bizarr. Doch Morticia ist eine Frau, die auch in ihrer eigenen Welt lebt. In ihrem Hochzeits-Fotoalbum schreibt sie zum Beispiel: »Treue ist mir wichtig« und »Sich immer die Wahrheit zu sagen ist wichtig«, also Sätze, wie sie jeder kennt. Wie sie das jedoch einfordert, ist ungewöhnlich: Sie hält ihre Leidenschaft für Gomez dadurch wach, dass sie dreimal die Woche zusammen Tango tanzen. Damit bleibt ihre Beziehung frisch, etwas, das bei vielen Paaren verloren geht, so zum Beispiel auch bei den Beinekes. Doch ihre größte Prämisse ist, dass man sich immer die Wahrheit sagen muss und es keine Geheimnisse geben darf. Deshalb bricht es ihr das Herz, dass Gomez ihr nicht sagt, dass ihre Tochter Wednesday heiraten wird. Sie denkt, dass diese ihr nicht vertraut. Das führt bei ihr zu einem Riesenkonflikt. Das Schwierige für mich war es, herauszufinden, wie Konflikte bei Morticia funktionieren, wo sie doch sonst so wirkt, als ob sie über allen Dingen steht. In keiner Folge der Serie oder in einem der Filme gibt es kein Problem zwischen zwischen Gomez und Morticia, die beiden lieben sich und sind immer das perfekte Paar. Um sie herum entstehen Konflikte, aber sie reagieren vereint als Paar darauf. Das ist im Musical anders, hier wird durch mangelndes Vertrauen und Verschweigen der Wahrheit ein Keil zwischen die Liebenden getrieben.

UM: Gomez und Morticia haben demnach eine besondere Beziehung.

Morticia Addams. Foto: Birgit Bernds

Morticia Addams. Foto: Birgit Bernds

EP: Ja, dabei sind sie zugleich sehr unterschiedlich. Er ist ein heißblütiger Latino, sie wirkt englisch-unterkühlt. In unserer Inszenierung ist es so wie auch im Comic und bei der amerikanischen Besetzung, dass ich mit meinen hohen Schuhen deutlich größer bin als Uwe Kröger, der den Gomez spielt, er legt dann immer seinen Kopf auf meine Schulter. Beim Tango war das Miteinandertanzen eine Herausforderung, aber wir haben es geschafft. (lacht)

UM: Wie definiert Morticia Familie?

EP: Familie steht im Vordergrund, sie ist das Allerwichtigste. Eine Familie muss zusammenhalten, deshalb singen alle zusammen und reichen sich die Hände. (lacht) Auch wenn die Kinder sich gegenseitig quälen und ich Gomez anschreie, bleibt die Familie trotzdem eine Einheit und man darf sich nicht gegenseitig verraten. Deswegen ist dieser eine Konflikt so zentral, Gomez hat seiner Tochter versprochen, ihr Geheimnis nicht zu verraten, möchte aber auch seiner Frau immer die Wahrheit sagen.

UM: Wie schwierig war es, die Rolle der Morticia zu spielen, ohne dass es lächerlich wirkt?

EP: Wir haben zuerst die Gefühlsebenen in der Rolle erfasst und sie dann nach außen hin weiter ausgebaut. Der Kern muss zuerst stehen, die Feinheiten kommen später. Wenn ich zum Beispiel sage: »Ich habe für das Wohl dieser Familie meine Träume aufgegeben«, dann habe ich das in den Proben erst ganz normal und später mit immer mehr Betonung und Mimik gesagt. (spricht den Satz erneut betont) Man gerät zwar leicht in Klischees, aber unser Regisseur Andreas Gergen hat sehr penibel darauf geachtet, dass das nicht passiert.

UM: Vielen Dank für diesen Einblick in Ihr Rollenverständnis und alles Gute für die kommende Spielzeit.

Das Interview führten Birgit Bernds & Barbara Kern