»Der Hippie der Addams Family«

Anne Welte über ihre Rolle der Grandma

Anne Welte. Foto: Sandra Reichel

Anne Welte. Foto: Sandra Reichel

United Musicals: Wer ist Grandma?

Anne Welte: Die Grandma ist 102 Jahre alt. Man weiß nicht so richtig, ob sie überhaupt zur Familie gehört, aber sie ist vor 12 Jahren ins Haus gekommen. Vielleicht stand sie irgendwann mal vor der Tür und hat gesagt: »Hallo, ich bin eure Oma.« Wir machen uns immer einen Witz daraus, aber für mich ist klar, dass sie die Mutter von Gomez Addams ist. Sie ist verrückt, denn sie hat eine Hexenküche, in der sie mit Kräutern, Heilmitteln und anderem hantiert. Sie liebt das. So ist sie eigentlich eine kleine Hexe, aber immer gut, nicht böse, sie wirkt eher tragikomisch. Es macht mir unheimlich Spaß, diese Rolle zu spielen, weil sie so weit von mir als Anne Welte entfernt ist. Sie hat überhaupt nichts mit meiner Person gemeinsam und das reizt mich sehr: Sowohl von der Körperhaltung her, wie sie auf der Bühne agiert, nicht aufrecht, sondern mit hängenden Schultern und Buckel, als auch mit ihrer »hexigen«, oben etwas kreischigen Stimme. Ich liebe was sie sagt und wie sie die Szenen gestaltet, in denen sie mit Pugsley umgeht. Mit ihm habe ich schöne Momente, das macht sehr viel Spaß mit den Jungen. Im 2. Akt taucht die Grandma erst gegen Ende wieder auf. Dafür sind die Szenen im 1. Akt schön und sehr lustig.

UM: Kannten Sie das Stück bereits?

AW: Nein, ich habe es vorher nicht gesehen. Natürlich habe ich früher als Kind die »The Addams Family« im Fernsehen gesehen, wodurch ich eine Vorstellung von Morticia mit ihren langen schwarzen Haaren und von den beiden Kindern Wednesday und Pugsley hatte, doch die anderen Figuren hatte ich nicht mehr im Kopf, als ich die Rolle bekam. So war das Ganze sehr neu für mich. Aber wir haben hier eine tolle Cast, das muss ich wirklich sagen. Da gibt es niemanden, der sich wie eine Diva oder anders komisch benimmt. Wir halten zusammen und alles sind Top-Leute, die eine super Arbeit machen. Besser geht es nicht. Das gilt auch für

Grandma. Foto: Birgit Bernds

Grandma. Foto: Birgit Bernds

das Ensemble und unseren Regisseur Andreas Gergen. Auch das Bühnenbild von Christian Floeren finde ich wunderschön gestaltet. »The Addams Family« ist ja eine deutsche Erstaufführung, da kann man sich nichts abschauen, wie zum Beispiel bei »Les Misérables«, das hier war für uns alle neu. Zudem komme ich aus dem Saarland, was auch auch ein Grund für mich war, hier mitzumachen. Seit 10 Jahren ist es das erste Mal, dass ich in meiner Heimat nicht nur meine Gala-Konzerte »Anne Welte & Friends« gebe, sondern auch wieder Theater spiele. Zuletzt habe ich 2004 am Staatstheater Saarbrücken »Les Misérables« und »Sekretärinnen« gespielt. Hier wieder auf der Bühne zu stehen, ist mir sehr wichtig.

UM: Da die zentralen Figuren das Stück in hohem Maße tragen, ist ein gutes Miteinander sicher besonders wichtig.

AW: Es ist sehr wichtig. Man braucht Leute, die mit Komik gut umgehen können. Ein komisches Talent hat nicht jeder und das ist hier ganz stark gefragt. Das Timing muss stimmen, denn wenn eine Aktion einen Hauch zu spät kommt, ist der Witz weg. Aber das funktioniert bei uns super, und in ein paar Wochen werden wir auch noch eingespielter sein. Jetzt ist alles noch etwas angespannt, aber wenn dieser Ballast weg ist, spielt man sich ganz frei.

UM: Welche spezielle Aufgabe erfüllt die Grandma in der Geschichte?

AW: Sie bringt das komplett Skurrile, das Hexenhafte ein bisschen hinein. Alles was normal ist, finden wir als Addams langweilig und alles, was anormal ist, finden wir toll. Das Weltbild ist herrlich verdreht. Die anderen Rollen sind durchgeknallt, aber nicht hexenhaft. Die Oma bohrt gerne in den wunden Stellen, sie ist ein „fieser Möp“, aber auch irrsinnig komisch, trotzdem hilft sie ihren Enkeln auch. Irgendwie erscheinen im Vergleich zur Oma die anderen Addams fast noch normal. Die Grandma sitzt auch auf dem Dachboden und raucht Hasch, so eine ist das: Der Hippie der Addams Family.

UM: Vielen Dank für dieses lebendige Interview und weiterhin viel Freude bei all Ihren Projekten.

Das Interview führten Birgit Bernds & Barbara Kern