- 17. Mai 2014
- Kabarett Chemnitz
- Charlotte Heinke
- Special Guest: Christiane Heinke
- Klavierbegleitung: Sebastian Weiß
Die Konzertreihe »Simply« von Heartmade Productions hat sich mittlerweile in die Chemnitzer Kultur- und Konzertlandschaft fest integriert und steht für familiäre und unterhaltsame Abende, an denen die Künstler sehr persönlich einen musikalischen Einblick in ihr Leben geben. Dieses Mal ist es Charlotte Heinke, vor allem bekannt als Lisa aus dem Udo-Jürgens-Musical »Ich war noch niemals in New York«, welche die Zuschauer ins Chemnitzer Kabarett lockt.
Gemäß dem Untertitel ihres Programms – »Ein Abend mit aber ohne Udo Jürgens« – ist der Genannte in Form seiner zahlreichen Lieder, die an diesem Abend erklingen, stets präsent. Den Opener macht gleich der Titel des Programms, ›Ich weiß, was ich will‹, in einer ruhigen, langsamen Version, die mit den Worten endet: »Sagt mir nur eins, will ich zuviel?« Damit begrüßt Charlotte Heinke ihre Zuhörer und stellt ihre Frage als roten Faden in den Raum. Sehr offen erzählt sie von ihrer Unsicherheit bezüglich ihrer beruflichen Zukunft, nachdem die Zeit bei »Ich war noch niemals in New York« an dem sie, seit der Entstehung vor 10 Jahren, mitgewirkt hatte, zu Ende ging. Wichtigste Ratgeberin ist in dieser Zeit ihre ältere Schwester Christiane Heinke gewesen, die an diesem Abend als sympathischer Special Guest die Zuschauer mit Stimme und Charme begeistert, so zum Beispiel in ›You’ve Got a Friend‹, gemeinsam mit Schwester Charlotte. Das erste zahlreicher Highlights bildet dann ›Immer wieder geht die Sonne auf‹, das hier als Frauenduett durch tolle Stimmharmonien im Refrain für Gänsehaut sorgt. Charlotte Heinke rührt anschließend mit ihrem wunderschönen, gefühlvollen Solo ›Gravity‹ von Sara Bareilles zu Tränen.
Im Folgenden erzählt Christiane die Anekdote von einer kleinen, dänischen Insel, die der Vater der Schwestern 1964 entdeckte und die seitdem jedes Jahr als Urlaubsziel für die Familie dient und für beide eine große persönliche Bedeutung hat. Das anschließende jazzig-entspannte ›Summertime‹ erinnere sie immer an diese Insel, und bei diesem Titel kann auch Pianist Sebastian Weiß, der für den kurzfristig erkrankten Thomas Hettwer eingesprungen war, sein virtuoses Können zeigen.
Wie sehr der nächste Song Charlotte Heinke am Herzen liegt, wird in ihrer emotionalen Interpretation spürbar, denn für sie fasst ›The Greatest Love of All‹ von Whitney Houston alles zusammen, was im Künstlerleben wichtig sei: an sich selbst zu glauben, sich selbst zu lieben und treu zu bleiben, nicht auf andere zu hören, aber die eigene Familie nicht zu vergessen.
So sehr, wie Charlotte Heinke von Whitney Houston begeistert ist, ist es ihre Schwester Christiane von ABBA. Da sie mit der Band »The Sound of Sweden« (kurz, »S.O.S.« ehemals »Abbacover«) auch regelmäßig als Anni-Frid auf der Bühne steht, darf natürlich ein Titel der Kult-Band beim Konzert nicht fehlen. So beeindruckt sie mit großer Stimme und Emotionen mit ›The Winner Takes It All‹, das sie nicht nur singt, sondern geradezu lebt.
Nachdem man mit der einen Schwester geweint hat, lacht man herzlich mit der anderen, die in urkomischer Verkleidung und mit Sprachfehler im gleichnamigen Song die Probleme einer ›Kleptomanin‹ besingt. Dass sie dabei vor Aufregung einen Texthänger hat, den sie stimmig einbaut, verzeiht man ihr mit Lachtränen in den Augen gern. Das Lachen geht weiter mit Christiane Heinkes ›Sing ein Lied‹, im Original von Ilse Werner, das sie herrlich selbstironisch, gekonnt pfeifend und mit tänzerischer Unterstützung ihrer Schwester zum Besten gibt. Wie diese beiden Titel so passt auch das folgende ›Ich bin von Kopf bis Fuß‹ sehr gut in das Ambiente und die Umgebung des Kabarettkellers. Die beiden Schwestern, auf Barhockern lässig an einem Tisch sitzend, interpretieren das Chanson humorvoll als loungiges, jazzig anmutendes Duett und vermitteln so genau die passende Einstellung für diesen Titel.
Anschließend ist es Zeit, nochmals Pianist Sebastian Weiß zu loben, als Charlotte Heinke betont, wie froh sie ist, dass er eingesprungen ist und dass er zu der Sorte von Pianisten gehört, auf die man sich immer verlassen kann und die nie ungefragt zu improvisieren beginnen, sondern sich immer nach dem Sänger richten. Wie verlässlich er wirklich ist, soll er gleich beim folgenden ›Ich weiß, was ich will‹ zeigen, das Charlotte Heinke nach der anfänglichen abgewandelten Version nun noch einmal in der originalen Musical-Version singen möchte. Anfangs scheint auch noch alles gut – dann jedoch wird Sebastian Weiß‘ Spiel am Klavier immer lauter, die Tonart immer höher und Charlotte Heinke immer panischer. Während sich Charlotte mit verzweifelten Blicken zu Sebastian Weiß durch den Song quält, versucht Schwester Christiane unauffällig abzulenken, und schafft es letztlich, die Hände des Pianisten festzuhalten. Diese gelungene Einlage war natürlich geplant, dennoch benötigen alle, inklusive des lachenden Publikums, danach erst einmal eine Pause und so endet der erste Teil des Konzertabends.
Auch im zweiten Teil geht es emotional weiter: Es erklingt die gefühlvolle Ballade ›Get Here‹, die für Sängerin Charlotte Heinke die Schattenseite des Künstlerdaseins für das Privatleben beschreibt – oft sieht man seine Familie und Freunde nicht, ist allein in einem Hotelzimmer und vermisst geliebte Menschen. Sebastian Weiß darf jetzt wieder zuverlässig am Piano glänzen, als die Sängerinnen uns teilhaben lassen am harten Audition-Alltag eines Künstlers, in dem man sich – laut Charlotte Heinke – auch manchmal für Sachen bewirbt, die man eigentlich niemals machen wollte. In der folgenden Szene tritt sie als Casting-Leiterin auf, Schwester Christiane ist die Bewerberin, die sich durch die äußerst schwierige Inhaltszusammenfassung eines englischen Films quält, welche nur so strotzt vor »s«-Lauten und schwierigen »th«-Silben. Im Laufe ihres Vortrags bekommt die verzweifelte Bewerberin immer mehr englischen Akzent und fängt sogar an zu lispeln – bis die genervte Casting-Leiterin die Bewerbung abbricht und das Publikum Tränen lacht. Wieder allein im Raum gelingt Christiane Heinke mit dem emotionalen ›Out Here on My Own‹ ein weiteres Highlight, und manche Träne der Rührung im Publikum ist die Reaktion. Anschließend wird es wieder Zeit für einen Udo-Jürgens-Titel, so folgt ›Aber bitte mit Sahne‹ in der Musical-Version, und da wir ja in einem Varieté-Theater sind, muss beziehungsweise darf das Publikum auch kräftig mitsingen und –klatschen.
Im Kontrast dazu wirkt das anspruchsvolle Frauenduett ›It’s Never That Easy‹ wie ein Rat der älteren Schwester an die jüngere und wird in stimmlicher Harmonie von beiden Heinke-Schwestern vorgetragen. Dass Christiane Heinke nicht nur eine gute Sängerin ist, sondern auch schauspielerisches Talent besitzt, zeigt sie mit dem Chanson ›Nur nicht aus Liebe weinen‹, im Original von Zarah Leander, das sie mit unterdrückter Wut und Trauer zutiefst mitreißend interpretiert. Ähnlich tragisch ist auch das folgende Frauenduett ›I Know Him So Well‹, aus dem Musical »Chess« der ABBA-Autoren Benny Andersson und Björn Ulvaeus – Charlotte und Christiane Heinke machen auch diesen Titel mit ihren Stimmen und ihrem Spiel zu einem Highlight.
Zum Abschluss des Abends folgen noch einmal zwei Lieder von Udo Jürgens. Zunächst ›Was wichtig ist‹, Charlotte Heinkes Lieblingslied aus dem Musical »Ich war noch niemals in New York«. Nicht nur in diesem nachdenklichen Song merkt man, wie viel Herzblut in diesem Konzertabend steckt und wie wichtig all die Lieder für die Sängerin geworden sind, am Ende muss sogar sie vor Rührung ein wenig weinen. Den Schluss macht ›Heute beginnt der Rest unsres Lebens‹, als Duett beider interpretiert. Da Charlotte Heinke bei diesem Ensemble-Titel im Musical nie alle Passagen selbst gesungen hat, schaut auch sie hierbei hin und wieder in den Text. Als Zugabe und »obligatorischer Goodbye-Song«, den sich Christiane Heinke gewünscht hat, erklingt ›Thank You for the Music‹, mit singender und klatschender Unterstützung des Publikums. Charlotte Heinke lässt sich selbstironisch den Text vorsagen, da sie sich »immer auf ihre große Schwester verlassen kann«.
Damit endet ein familiärer Konzertabend mit sympathischen Sängerinnen, die – ohne häufigen Kostümwechsel oder überflüssige Requisiten – musikalische Einblicke in ihre gemeinsame Lebensgeschichte gegeben haben.