Kristian Korsholm Vetter zu seiner Rolle als Scrooge

united musicals: Was ist das Besondere an der Rolle des Scrooge in ‚Vom Geist der Weihnacht‘?

Kristian Vetter als Scrooge. Foto: Birgit Bernds

Kristian Vetter als Scrooge. Foto: Birgit Bernds

Kristian Korsholm Vetter: Das ist die Reise, auf die Scrooge sich begibt — seine menschliche Entwicklung. Am Anfang ist er der verbitterte Bösewicht, der geizige Geschäftsmann. Doch er war ja nicht immer so, dass er so geworden ist, hat einen Grund. Die Kindheit war schrecklich, er hat seine große Liebe verloren, sein bester Freund ist gestorben. Und die Zuschauer sehen auch, dass noch irgendwo in ihm drin ein Herz steckt, und dann gehen wir mit ihnen zusammen auf die Reise. Mir ist es sehr wichtig, dass die Zuschauer schnell erkennen, dass das Gute da ist, aber verschüttet, und nicht zum Vorschein kommt. Er zeigt ja auch schon früh, wenn auch höchst sarkastisch, dass er Humor besitzt. Ich freue mich sehr drauf, das wieder zu entwickeln. Jetzt habe ich neue Partner, einen neuen Engel und auch neue Kollegen im Ensemble. Im Capitol war ich 2009 schon einmal, sodass es auch ein bisschen wie eine Rückkehr ist.

um: Beeinflusst das Spiel mit neuen Partnern das Rollenverhalten?

KKV: Ja, denn jeder ist anders und man reagiert anders. Schauspiel ist ja Reaktion, nicht Aktion an sich. Da freue ich mich immer, neue Impulse zu bekommen, aber auch überhaupt neue Menschen kennenzulernen.

um: Wie findet man selbst immer wieder etwas Neues in der Figur, wenn man sie so häufig spielt wie Sie?

KKV: Ich mache Sachen immer wieder etwas anders, und natürlich spielt auch die Regie eine Rolle. Mit Craig Simmons habe ich bereits 2006 im Schillertheater in Berlin arbeiten dürfen, und ich bin sicher, dass er es damals anders gemacht hat, als er es jetzt machen wird.

um: Verändert auch das Alter die Interpretation einer Rolle?

KKV: Oh ja, das tut es auf jeden Fall, man bringt ja auch Erfahrung durch andere Rollen ein. Es ist jetzt fast sieben Jahre her seit damals. Ich brauche vielleicht auch nicht mehr so viel Schminke wie noch vor 10 Jahren. (lacht) Es macht mir unheimlich viel Spaß. Ob ich jetzt die erste Show spiele oder die dreißigste – ich versuche, jede Vorstellung drei neue Sachen auf der Bühne zu machen. Das ist meine Regel, das machen auch andere Kollegen, um neue Energie in das Ganze zu bringen. Es müssen keine großen Sachen sein – ein Blick ist anders, eine Pause vielleicht länger und damit steht ein Gedanke im Raum – einfach neue Impulse, die das Spiel frisch halten.

Kristian Vetter als Scrooge. Foto: Birgit Bernds

Kristian Vetter als Scrooge. Foto: Birgit Bernds

um: Das Stück wird ohne Live-Orchester gespielt.

KKV: Das stimmt, die Musik, die aufgenommen wurde, wird eingespielt. Wir haben auch schon mit Live-Orchester gespielt, das war in Frankfurt am Main an der Alten Oper, das war auch schön. Aber heute werden einige Musicals so gemacht, ich finde das vollkommen in Ordnung.

um: Sie können dann aber gesanglich die Pausen nicht so variieren und sich ausbreiten, wie wenn Sie mit dem Orchester arbeiten.

KKV: Das stimmt, aber das ist auch ganz gut, denn so ist es auch für alle anderen immer gleich und nicht davon abhängig, wie der Dirigent an diesem Tage drauf ist. (lacht) Wenn er dann meint, alles schnell spielen lassen zu müssen, hält das zwar auch frisch, das muss aber nicht unbedingt sein.

um: Wie haben Sie, die Sie ja schon so einige Engel kennen, die Arbeit mit den Kolleginnen empfunden, die, wie Stefanie Hertel jetzt auch, nicht aus dem Musical- bzw. Theaterbereich kommen?

KKV: Ich sehe darin keinen Nachteil. Bei uns gibt es keine schon eingearbeiteten oder vorgegebenen Reaktionen. Man kann in diesem Fall den Engel vielleicht etwas mehr nach der Vorstellung des Regisseurs formen, weil die Darstellerin da ganz offen ist. Zudem ist Stefanie Hertel jetzt speziell absolut professionell, in dem, was sie tut, und spielt, auch wenn sie als sie selbst auf der Bühne steht, in ihrem Bereich auch eine Rolle. Sie hat Persönlichkeit und Präsenz, das ist sehr wichtig auf der Bühne. Es gibt überhaupt keinen Grund, Bedenken zu haben, ob sie das kann.