Interview mit einem Geist

Peter Trautwein als Marley bei »Vom Geist der Weihnacht« in Düsseldorf

united musicals: Sie waren bei der Uraufführung bereits dabei und auch danach noch einige Male. Was reizt Sie am Stück und der Rolle, sie jetzt wieder zu spielen?
Peter Trautwein als Marley

Peter Trautwein als Marley

Peter Trautwein: Es ist die Rolle des Marley an sich, es ist die Musik und es ist die wunderbare Originalvorlage von Charles Dickens ‚A Christmas Carol‘. Wenn man dann das Glück hatte, eine solche Rolle aus der Taufe heben zu dürfen, dann hat man eine besondere Verbindung zu ihr. Kristian Vetter und ich haben die Uraufführung zusammen gespielt und dann auch 2006 noch einmal im Schillertheater in Berlin, dort zum ersten Mal gemeinsam unter Regie von Craig Simmons. Dass wir jetzt sieben Jahre später noch einmal zusammen auf der Bühne stehen werden, wiederum unter Regie von Craig Simmons, ist einfach toll. Und alle paar Jahre treibt es mich einfach, dieses Stück wieder zu spielen.

 

um: Wie findet man immer wieder neue Facetten an der Rolle?

Interview mit einem Geist

Interview mit einem Geist

PT: Es ist schlichtweg harte Arbeit. (lacht) Im Vorfeld versuche ich, mit der Musik, mit den Texten, Altes zu vergessen und sie wieder neu zu lesen. Einen Einfluss haben auch die einzelnen Spielstätten, das Theater, die Bühne, und vor allem natürlich die Partner, auf die man sich, selbst wenn man sie kennt, nach längerer Zeit neu einstellen muss. Insbesondere gilt das natürlich für den Engel, Stefanie Hertel. Mit ihr zu spielen, ist eine schöne Herausforderung, weil man ganz Neues entdecken kann. Sie ist ein eigener Mensch, sie hat eine unverwechselbare Stimme – da ergeben sich einfach Dinge, die das gemeinsame Spiel und die eigene Rolle bereichern. Aber selbst mit Kristian Vetter finden wir bei den Proben neben Altbewährtem, auf das wir, wie auf liebes Bekanntes, zurückgreifen, Momente, wo wir sagen: „Oh, da könnten wir mal was Neues machen.“

um: Ist es schwieriger mit jemandem auf der Bühne zu spielen wie Stefanie Hertel, der noch keine direkte Theatererfahrung hat?

PT: Nein, das würde ich nicht sagen, das ist nicht das Wichtigste. Sie hat eine wunderschöne Stimme, was für mich schon 50% bei einer Kollegin auf der Bühne ausmacht. Zumal wenn jemand mit Herz singt, wie sie es tut, bin ich sicher, dass sie auch mit Herz spielen wird, und sich da zu finden, dafür sind die Proben da. Sie wird gewiss auch neue Impulse bringen für unser Spiel. Das war die ganzen sechs Jahre, die ich das gespielt habe so, dass ein neuer Engel oder ein neuer Scrooge das Spiel bereichert hat. Wir haben zwar gestern schon etwas geprobt, aber offiziell beginnen die Proben am 29. Oktober und dann haben wir gute drei Wochen bis zu den Previews vor der Premiere am 28. November.

um: Sie nannten gerade die Spielstätten — haben Sie das Publikum auch an den unterschiedlichen Spielorten unterschiedlich erlebt?

Peter Trautwein als Marley

Peter Trautwein als Marley

PT: Ich würde es nicht so sehr auf die verschiedenen Städte beziehen — das Publikum ist in jeder Vorstellung anders. Insbesondere bei meiner Rolle suche ich als Marley auch den Kontakt zum Publikum, breche die sog. vierte Wand bewusst und spreche die Zuschauer an. Bereits vor dem Solo-Song begrüßt Marley sie und ist ganz erstaunt, dass sie ihn sehen können, denn sonst kann ihn ja als Geist niemand sehen. Endlich kann er mit jemandem reden und erklären, in welcher verzwickten Lage er steckt. Da ist jeder Tag anders, was man besonders merkt, wenn man dann am Wochenende oder an den Feiertagen Doppelvorstellungen spielt. Unabhängig davon, ob das Haus gerammelt voll ist, oder nur zu 90% besetzt, ist jede Vorstellung neu. Aber man kann nicht sagen, das Publikum an sich wäre in Berlin toller als in München oder umgekehrt. Es kommt natürlich auch darauf an, dass man die Zuschauer berühren kann.

um: Man sagt dem Ruhrgebiet nach – und das sage ich als jemand von hier – die Menschen seien nicht so leicht zu berühren.

PT: Da habe ich eine andere Erfahrung gemacht. Kristian und ich sind ja Ruhrgebiet-erprobt — Oberhausen, Köln und jetzt Düsseldorf. Ich bin unheimlich gerne hier, weil ich ungemein tolle Menschen mit dem Stück kennengelernt habe.

um: Was macht für Sie die Menschen hier aus?

Peter Trautwein als Marley mit 'Ich bin ein Geist'

Peter Trautwein als Marley mit ‚Ich bin ein Geist‘

PT: Ich bin da ganz ehrlich, ich bin gebürtiger Bayer, kein Münchner, eigentlich sogar gebürtiger Schwabe und ich mag die Ehrlichkeit der Menschen hier, sie sind direkt und damit kann ich gut umgehen. Und ich habe wirklich in Düsseldorf Freundschaften geknüpft und speziell mit dem Vorstand der Düsseldorfer Aidshilfe habe ich schon manche Charity-Aktion gemacht. Und ich war immer froh, wenn ich mit meiner Stimme Aufmerksamkeit erreichen, etwas Gutes tun konnte.

um: Weshalb findet das Stück über so lange Zeit immer wieder sein Publikum?

PT: Es sind wirklich schon Jahre. Wir haben jetzt 12 Jahre nach Uraufführung, die 2001 in Oberhausen im damaligen Theatro CentrO, jetzt Metronom Theater, stattgefunden hat. Ich denke, es ist zunächst die wunderschöne Geschichte, die die Romanvorlage von Charles Dickens liefert. Für mich ist es die Weihnachtsgeschichte schlechthin. Und dann die Adaption durch Dirk Michael Steffans Musik und die gemeinsamen Texte von ihm und Michael Tasche. Das Stück ist so reich an bewegenden Momenten: Es gibt ungemein witzige Szenen, wenn zum Beispiel Mrs Fezziwig auftritt und das alljährliche Weihnachtsmenü auf ihre ganz eigene Art präsentiert — das ist ein Showstopper, wo man selbst auf der Bühne steht und denkt: „Wow, toll!“. Und dann gibt es die berührenden Momente, wenn Scrooge geläutert ist … aber ich will nicht zu viel verraten. (lacht)

Das Interview führte Birgit Bernds