‚Man(n)us Man(n) Lavat – Eine Hand stört die andere‘ am 07. Dezember 2012 im „Sally Bowles“, Berlin

Unterhaltsames Klavierkabarett mit Maximilian Mann

Maximilian Mann. Foto: Melinda Rachfahl

Maximilian Mann. Foto: Melinda Rachfahl

Am 7. Dezember 2012 gab Musicaldarsteller Maximilian Mann (Cast-Mitglied der deutschsprachigen Erstaufführung von ‚Natürlich Blond‘ ab Februar 2013 in Wien, ‚Junger Kolping‘ in ‚Kolpings Traum‘ im Sommer 2013 in Fulda/Wuppertal) zum zweiten Mal sein musikalisch-kabarettistisches Soloprogramm ‚Man(n)us Man(n)um Lavat‘ zum Besten. Schon der Titel, eine Abwandlung der lateinischen Version des Sprichworts „Eine Hand wäscht die andere“, verrät, dass man(n) es an diesem Abend nicht ganz so ernst nimmt. Der Untertitel „Eine Hand stört die andere“ ist glücklicherweise nicht Programm, zumindest nicht, wenn man Manns gutes Klavierspiel betrachtet, dass natürlich nur in gewollten Ausnahmefällen einmal Verspieler aufweist.

Schon der witzige und sympathische Einstieg bringt das Publikum in der familiären und gemütlichen Atmosphäre des ‚Sally Bowles‘ in genau die richtige Stimmung: „Ich komme von links hinten, ihr müsst jetzt jubeln und klatschen!“, so beginnt der Künstler sein Programm. Während des ganzen Abends bleibt dieser Eindruck erhalten, nie verliert er die Nähe zum Publikum, wenn auch ab und an mal durch Einwürfe aus eben diesem den roten Faden. Da viele Freunde, Bekannte und Verwandte im Publikum sitzen, herrscht eine sehr lockere, interaktive Atmosphäre, die Künstler und Zuhörern sichtlich angenehm ist.

Die Songliste bietet eine bunte Mischung aus selbstkomponierten Stücken und Coverversionen von Liedermachern und Kabarettisten, wobei sich Mann stets selbst am Klavier begleitet. Gleich zu Beginn erfahren die Zuhörer, dass alle selbstkomponierten Lieder ausschließlich in der einfachsten Tonart, C-Dur, stehen und sich somit von den etwas komplizierteren Stücken anderer Komponisten unterscheiden — Verspieler könnten bei solchen Stücken daher auch einmal vorkommen und würden den Untertitel des Programms erklären.

Natürlich steht dann auch das erste selbstgeschriebene Lied in C-Dur und spielt locker mit verschiedenen Musicalmelodien – schließlich ist der Mann am Klavier ja ausgebildeter Musicaldarsteller. Stimmlich in Bestform meistert Mann auch das „Trompetensolo“ – selbst ohne Trompete, die nur zur Deko auf dem Klavier liegt – hervorragend.

Der zweite Song — man(n) höre und staune in Es-Dur — stammt von Sebastian Krämer und trägt den Titel Aber er bringt dich zum Lachen. Es geht weiter mit einem Lied, welches Mann für die Hochzeit seines Kompositions-Mentors Thomas Zaufke geschrieben hatte und das somit sinnigerweise Hochzeitslied heißt und natürlich in C-Dur steht. Als „Besonderheit“ und charakteristisches Merkmal einer „Pop-Ballade“ enthält es jedoch einen Halbtonschritt … Von Maximilian Mann mit dem Running Gag des Abends „Ich schrub ein Lied und habe auch die Melodie geschruben“ eingeleitet und mit vielfältiger und amüsanter Mimik vorgetragen, wird es zu einem der zahlreichen Höhepunkte des Abends.

Maximilian Mann am Klavier. Foto: Melinda Rachfahl

Der nächste Song — in G-Dur. Damit ist klar: Er stammt nicht von Mann selbst – laut eigener Aussage fängt ja jeder mal klein an – sondern von Jürgen von der Lippe und wird wohl für das Publikum zum gefürchtetsten Song des Abends, denn bei Aufguss 09 ist Mitmachen, besser gesagt Mitsingen angesagt. Und bei Texten wie „Zwetschgen-Schnäpscken zwitschern“ scheitern selbst die besten „Publikä“. Da war das Mitschunkeln unter Aufsicht der „Schunkel-Beauftragten“ aus dem Auditorium doch deutlich angenehmer. Aber der Mann gibt nicht auf und irgendwie schaffen es Künstler und Publikum, alias Backroundsänger, bis ans Ende des Liedes.

Danach können sich zumindest Letztere kurz erholen – mittlerweile ist das auch dringend nötig, denn Gesicht, Bauch und Hals sollten den meisten wohl vor Lachen schon schmerzen. Mit den Worten „Sizilium, ich fange an!“ folgt eine E-Mail von Maximilian Mann an seine Schwester, in der er von einer höchst nervenaufreibenden, im Nachhinein doch amüsanten Autofahrt-Episode mit Kollegin Karoline Göbel berichtet. Gut formuliert, mimisch passend und intonationssicher vorgetragen zeigt sich hier, dass auch Texte ohne musikalische Untermalung lustig sein können.

Es folgt das allererste von Mann komponierte Lied — sehr passend zur Jahreszeit und dem eisigen Wetter vor der Tür des ‚Sally Bowles‘ ein Osterlied. Das Publikum muss — Pardon, darf – wieder aktiv werden und ein paar muntere Töne im Refrain zum Besten geben, sogar in Männer und Frauen unterteilt und mit dem sehr schwierigen Text „Oh, Ostern“ oder, um etwas international zu werden, „Oh, Easter“. Danach gönnen sich Künstler und Publikum eine wohlverdiente Pause und die ein oder andere Stärkung an der Bar.

Der zweite Teil beginnt in D-Moll mit Bodo Wartkes Ja Schatz. Dieses ohnehin schon sehr komödiantische Lied wird durch Manns stimmliche und vor allem mimische Interpretation ein weiterer Höhepunkt des Programms — sehr amüsant auch, wenn er das Hereinbrechen der Nacht durch ein Ausknipsen der hinter ihm stehenden Lampe verdeutlicht …

Es schließt sich ein eigenes, zunächst scheinbar ernstes Lied an — und es gibt einen Fortschritt zum ersten Akt, das Lied Verlassen steht in D-Dur! Da ihm geraten wurde, in sein Programm auch ab und an ernstere Themen einzuflechten, um „wieder runter zu kommen“, „schrub“ Mann dieses Lied über Trennung — doch wie sich gegen Ende herausstellt, nicht die Trennung von einer Freundin, sondern von seiner Putzfrau — soviel also zu „ernsthaft“. Maximilian Mann gibt dann selbst auch zu, dass es ihm einfach nicht gelungen ist, beim Schreiben des Liedes ernsthaft zu bleiben. Macht aber nichts, dem Publikum gefällt es trotzdem.

Maximilian Mann. Foto: Melinda Rachfahl

Da Mann mit diesem Soloabend seinen Abschied aus Berlin feiert und zu ‚Natürlich Blond‘ nach Wien geht, widmet er sich im nächsten Block den drei essentiellen Fragen der Menschheit: „Wo komme ich her?“, „Wo gehe ich hin?“ und „Wo bin ich?“.

Zuerst einmal die Frage „Wo komme ich her?“: Mit Hilfe von Anekdoten über seine musikalische Kindheit und Jugend und der Schauspielübung „Traumreise“ versetzen sich Künstler und Zuhörer nach Salzgitter, der Geburtsstadt von Mann, die dieser im gleichnamigen Lied mit lautstarker Unterstützung des Publikums besingt.

Nachdem das geklärt ist, soll die Frage „Wo gehe ich hin?“ erörtert werden. Dazu zeigt der Sänger zunächst mit hinreißend realistischem Wiener Akzent die Unterschiede zwischen deutschen und österreichischen Musicalfans und stimmt dann mit immer noch originalgetreuem Akzent das nur melodisch harmonisch, textlich etwas brutale, Winterszeit in Wien von Hape Kerkeling an.

Für die Beantwortung der Frage „Wo bin ich?“ dient zunächst wieder eine verschriftlichte Anekdote namens Das Cuba-Libre-Desaster“ mit Manns Kollegin Julia Gamez Martin, von Mann mit der Intonationssicherheit eines Betrunkenen sehr passend und äußerst witzig vorgetragen. Auch die musikalische Eigenkomposition Das war toll und jetzt über das oft totgeschwiegene Thema „Der Morgen danach“ könnte die Frage nach dem „Wo bin ich?“ wohl teilweise beantworten …

Da dann alle Unklarheiten beseitigt sind, wird es langsam Zeit für den angekündigten „Austritt mit Hut“ (zu Deutsch: „Liebes Publikum, bitte zückt eure Geldbörsen und werft mir etwas in den Hut — aber bitte nur leichte Sachen„) …, wozu sich das Publikum die Hintergrundmusik wählen darf — zur Wahl stehen der berühmt-berüchtigte Aufguss 09 oder ein Weihnachtslied ohne Mitsing-Aufforderung. Die Entscheidung ist schnell gefallen und zur klangvollen, warmen Stimme von Mann kommt gleich Festtagsstimmung auf.

Mit dem letzten Programmpunkt räumt der Musicaldarsteller mit allen Klischees und Vorurteilen gegen seinen Beruf auf: Musicalstar spielt musikalisch mit bekannten Zitaten großer Musicalsongs aus ‚Evita‘ oder ‚Jekyll und Hyde‘ als würdiger Abschluss eines großartigen, humorvollen Abends.

Doch natürlich lassen die Zuschauer Mann nicht ohne Zugabe von der Bühne — und so kommt zum Schluss fast ein wenig Sentimentalität auf, als ein wunderbares Lullabye (Goodnight, My Angel) von Billy Joel erklingt. Man darf gespannt sein, wie es mit Maximilian Mann weitergeht — sein Solo-Debüt hat er jedenfalls mit Bravour gemeistert.