- 3. Dezember 2010, 19.30 Uhr
- Ronacher Wien
- Carin Filipčić, Caroline Vasicek, Wietske van Tongeren, Rasmus Borkowski, Dennis Kozeluh, Uwe Kröger
- Ensemble: Anna Knot, Katrin Mersch, Tina Schöltzke, Bettina Schurek, Philipp Kreinbucher, Christian Petru, Markus Pol, Robert Weixler
- Orchester der Vereinigten Bühnen Wien unter Leitung von Koen Schoots
- Regie: Dennis Kozeluh
- Choreographie: Katrin Mersch
Die Vampire haben für einige Abende ihr Domizil im Ronacher geräumt und statt rockigem Jim Steinman tönen adventliche Klänge durchs Haus. Auch das Orchester der Vereinigten Bühnen Wien hat den Graben verlassen und begleitet die Sänger und Tänzer auf der Bühne. Die Ernsthaftigkeit der Musiker wird an diesem Abend von dem lebendigen Treiben neben ihnen hart auf die Probe gestellt. Bereits der musikalische Leiter Koen Schoots sucht vergeblich seinen Taktstock, bis einer der Weihnachtselfen ihm diesen – hübsch mit rotem Bändchen verziert – aus einem riesigen Paket heraus, überreicht. Mit diesem hält der musikalische Leiter das renommierte Orchester auf der rechten Spur, ob bei Poppigem bis hin zu Rap oder klassischen Melodien. Die kleinen dienstbaren Geister mit ihren spitzen Ohren sorgen im Bühnenbild von Robert Hirner, das je aus einem festlich geschmückten Weihnachtsbaum zu jeder Seite und zahlreichen leichten, würfelförmigen Elementen zum Aufeinanderstellen besteht, für den Transport der Requisiten. Der beleuchtete Hintergrund ist der jeweiligen Szenenstimmung angepasst oder zeigt Projektionen einer verschneiten Winterlandschaft sowie eines Weihnachtshauses. Der Mond über den nächtlichen Bergen leuchtet an anderen Abenden wohl Graf von Krolock heim.
Ausgesuchte Solisten aus den Stücken der Vereinigten Bühnen Wien, die gerade in keiner festen Produktion auf der Bühne stehen, gestalten gemeinsam mit einem achtköpfigen Ensemble den von Dennis Kozeluh kurzweiligen und zugleich stimmungsvoll inszenierten Abend. Bereits vergangenes Jahr hat Kozeluh, der zugleich einer der sechs Solisten ist, das Adventskonzert in Wien auf die Bühne gebracht. Im ersten Teil bestimmt Humoristisches das Programm, der zweite Teil ist etwas traditionell besinnlicher, doch insgesamt erlebt das Publikum eine Mischung, bei der rührende Momente gleich neben Lustigem stehen. Hervorzuheben ist das exzellente Zusammenwirken von Solisten und Ensemble. Alle haben unter Kozeluhs Regie ihre Rolle in dem Weihnachtsstück.
Ein Großteil der Darsteller war schon 2009 dabei, damals als Vertreter der Besetzung von ‚Rudolf – Affaire Mayerling‘, aber auch sonst gewinnt man den Eindruck eines Familientreffens, wenn Rasmus Borkowski (Benvolio / Mercutio in ‚Romeo und Julia‘, Melchior in ‚Frühlings Erwachen‘), Carin Filipčić (Amme in ‚Romeo & Julia‘, Mrs. van Hopper in ‚Rebecca‘, Marie Gräfin Larisch in ‚Rudolf‘), Dennis Kozeluh (Kaiphas in ‚Jesus Christ Superstar‘, Oberst Julyan in ‚Rebecca‘, Prinz William in ‚Rudolf‘), Uwe Kröger (Der Tod in ‚Elisabeth‘, Maxim de Winter in ‚Rebecca‘, Eduard Graf Taaffe in ‚Rudolf‘), Wietske van Tongeren (Ich in ‚Rebecca‘, Kronprinzessin Stephanie in ‚Rudolf – Affaire Mayerling‘) und Caroline Vasicek (Belle in ‚Die Schöne und das Biest‘, Maria Magdalena in ‚Jesus Christ Superstar‘, Nannerl in ‚Mozart!‘) miteinander auf der Bühne agieren.
Für die spritzigen und witzigen Choreographien, die auch die Solisten in Bewegung halten, sorgte Katrin Mersch, die im Ensemble nicht zuletzt durch die Stepp-Nummer als Pinguin am Südpol auffällt, den die Reisenden des Polarexpress bewundern dürfen.
Insbesondere Uwe Kröger machen die swingenden, tänzerischen Einlagen sichtlich Spaß, beispielsweise bei Winter Wonderland gemeinsam im komödiantischen Duett mit Dennis Kozeluh. Seine reduzierte, gerade Interpretation von White Christmas, bei der er vom Ensemble unterstützt wird, erinnert an Bing Crosbys erste Aufnahme des Liedes von Irving Berlin, die in ihrer Schlichtheit damals gegenüber den anderen Hits des gleichnamigen Musicalfilmes unterging. Im sehr persönlichen Titel, die Weihnachtswunschliste, dessen Text die Sängerin und Songwriterin Pe Werner auf Uwe Kröger zugeschnitten hat, spricht Kröger aus, was für ihn den Sinn von Weihnachten ausmacht.
Auf der Bühne entstehen stimmige Bilder. Hier wird nicht einfach gesungen, sondern Lieder szenisch gestaltet. Die Blicke lenkt dabei das Licht von Gerhard Landauer auf ein Päckchen unterm Weihnachtsbaum, das so einfach mit Packpapier eingepackt ist, dass es nur zu der jungen Frau im violetten Mantel gehören kann, die gedankenverloren ihren Schlitten zieht. Caroline Vasicek bezaubert mit ihrer Natürlichkeit und das nicht nur in When Christmas Comes to Town, dem Duett mit Wietske van Tongeren, die als reiche junge Dame mit Designer-Tüten und Pelzmantel angetan ist und am Ende ihren Pelzmuff verschenkt. Auch in dem nicht so bekannten Gospel Who Would Imagine a King nimmt man ihr das kindliche Staunen über die Karriere des Jesuskindes in der Krippe ab. Mit ihrem Kleid scheint sie fast bliblischen Zeiten oder dem Musical ‚Jesus Christ Superstar‘ entsprungen. Warum sie von hinten durch das Orchester auf die Bühne kommt, bleibt allerdings unerklärlich.
Zu den berührendsten Momenten gehört das klassische von ihr, Carin Filipčić, Markus Pol und Philipp Kreinbucher wunderbar vierstimmig klar vorgetragene österreichische Weihnachtslied Es wird scho glei dumpa.
Gerade die Mischung dieses heiter-besinnlichen Abends macht die Stärke von ‚Musical Christmas 2010‘ in Wien aus. So flippt Vasicek auch als stylisches Christkind gemeinsam mit Santa Rasmus Borkowski über die Bühne in dem humorvoll mythologischen Streit zwischen deutscher und amerikanischer Weihnachtstradition. Zur Tradition der Christmas-Konzerte der Vereinigten Bühnen Wien gehört es nämlich auch, die Komposition eines der exzellenten Musiker des Orchesters auf die Bühne zu bringen.
Rasmus Borkowski bringt frischen Wind auf die Bühne, nicht nur als Santa, sondern auch mit seinem alleine kongenial dreistimmig vorgetragenen Kapitel aus ‚A Christmas Carol‘ von Charles Dickens. Am Ende übernahm er in dieser szenisch geschriebenen Lesung auch noch die Geräusche, da sich seine beiden Helferlein (Anna Knot und Christian Petru) anderen Genüssen hingaben. Mit warmer kraftvoller Stimme trug er auch den Klassiker Driving Home for Christmas und das swingende It’s beginning to Look a Lot Like Christmas vor.
Die gebürtige Niederländerin Wietske van Tongeren brachte ein traditionelles Weihnachtslied aus Schweden mit, bei dem sie auf dem Haar einen Lichterkranz wie zum schwedischen Lichterfest trägt. Für den schwedischen Titel Koppången hat sie eine niederländische Fassung geschrieben, die sie mit glockenklarer Stimme in einem blau-violett beleuchteten Meer aus Bühnennebel vorträgt. Mittlerweile wird das Fest der Lucia auch in Dänemark und Finnland gefeiert. Im klassischeren zweiten Teil des Abends ist Van Tongeren noch einmal mit Carin Filipčić in einer wunderbaren Klangharmonie des Adolphe Adam-Titels Cantique de noël zu hören.
Carin Filipčić, die gebürtige Wienerin und sympathische Diva mit der starken, an Klangfarben reichen Stimme, lässt mit ihren emotionalen Vorträgen von A Christmas Song und vor allem dem schwedischen Filmtitel Gabriella’s Sång, den sie eigens auf Schwedisch einstudiert hat, manches Auge feucht werden und vertieft gemeinsam mit Dennis Kozeluhs stimmungsvollem Auftritt Do You Hear What I Hear das Weihnachtsgefühl im Ronacher, bevor bei der geplanten Zugabe Solisten und Ensemble mehrstimmig und im Wechselgesang allein zur Begleitung von Harry Peller an der Gitarre Stille Nacht intonierten. Ein passender Ausklang für das stimmig- stimmungsvolle Musical-Weihnachtskonzert der Vereinigten Bühnen Wien.
MUSIKTITEL | INTERPRET/-IN |
Teil 1 | |
Ouvertüre: First Noël (Traditional) Wunschzettel (Gedicht von Cilly Kehsler) |
Orchester
Uwe Kröger |
A Christmas Song (Mel Tormé / Bob Wells) |
Carin Filipčić |
Driving Home for Christmas (Chris Rea) |
Rasmus Borkowski |
When Christmas Comes to Town (aus dem Film ‚The Polarexpress‘) |
Caroline Vasicek & Wietske van Tongeren |
Weihnachtslegende (Gedicht von Manfred Koch) |
Carin Filipčić |
White Christmas (Irving Berlin) |
Uwe Kröger und Ensemble |
Lebkuchenmärchen (Hanna Helwig) |
Katrin Mersch, Philipp Kreinbucher, Christian Petru, Markus Pol, Robert Weixler |
Santa vs. Christkind (Alexander Wagendristel & Sigrid Brandstetter) |
Caroline Vasicek, Rasmus Borkowski und Ensemble |
Winter Wonderland (Felix Bernand / Richard B. Smith – im Original: Dean Martin & Frank Sinatra) |
Dennis Kozeluh & Uwe Kröger |
Koppången (Traditional mit Text von Wietske van Tongeren) |
Wietske van Tongeren und Damenensemble |
Who Would Imagine a King (Mervyn Warren / Hallerin Hilton Hill) |
Caroline Vasicek |
Amerikanisches Weihnachtsmedley: Let It Snow / Rocking Around the Christmas Tree / Rudolph the Red-Nosed Reindeer / Grandma Got Run Over by a Reindeer |
Carin Filipčić / Caroline Vasicek / Wietske van Tongeren / Rasmus Borkowski / Dennis Kozeluh / Uwe Kröger und Ensemble |
Teil 2 | |
Polarexpress (aus dem Film ‚The Polarexpress‘) |
Dennis Kozeluh und Ensemble |
Zwischentext: Altes Foto vor dem Weihnachtsbaum | Uwe Kröger |
Meine Herzwunschliste (David Foster / Linda Thompson mit einem deutschen Text von Pe Werner) |
Uwe Kröger |
Weihnachtsgeschichte – ‚Ein Weihnachtslied‘ (aus dem Werk von Charles Dickens) |
Rasmus Borkowski mit Anna Knot und Christian Petru |
Es wird scho glei dumpa (Österreichisches Weihnachtslied) |
Caroline Vasicek / Carin Filipčić / Markus Pol / Philiipp Kreinbucher |
Do You Hear What I Hear? (Gloria S. Baker / Noël Regney) |
Dennis Kozeluh und Ensemble |
Cantique de Noël (Adolphe Adam) |
Carin Filipčić & Wietske van Tongeren |
Its Beginning to Look a Lot Like Christmas (Meredith Willson) |
Rasmus Borkowski und Damensensemble |
Lebhafte Winterstraße (Gedicht von Joachim Ringelnatz) |
Caroline Vasicek |
Gabriella’s Sång (aus dem schwedischen Film ‚Wie im Himmel‘) |
Carin Filipčić und Ensemble |
Zwischentext | Carin Filipčić |
Deutsches Weihnachtsmedley: Fröhliche Weihnacht / O Tannenbauch / Morgen kommt der Weihnachtsmann / Tochter Zion (Georg Friedrich Händel) |
Alle |
Weihnacht (Gedicht von Elisabeth Dauthendey) |
Uwe Kröger |
War Is Over (John Lennon / Yoko Ono) |
Alle |
Zugabe | |
Stille Nacht (Franz Xaver Gruber / Joseph Mohr) |
Alle, begleitet von Harry Peller an der Gitarre |