Probenbericht aus Bozen – Markus Pol über die Proben zu »Cabaret« in Bozen

Markus Pol gibt Einblicke in sein Rollenstudium und erzählt von der gemeinsamen Arbeit mit Kreativteam und Kollegen an ‚Cabaret‘ Bozen. Auch die schöne Umgebung kommt nicht zu kurz.

Foto: Hermann Maria Gasser

Probenfoto
Foto: Hermann Maria Gasser

Probenbericht aus Bozen

Cabaret

Premiere: Donnerstag, 14. Mai 2009, 20.00 Uhr

Vereinigte Bühnen Bozen / Großes Haus

Hallo liebe UnitedMusicals-Leser!

Es ist mir eine große Freude, Euch einen kurzen Bericht aus dem sonnigen und sommerlich heißen Bozen zukommen zu lassen.

Bozen ist nicht nur wegen des derzeit laufenden Musicals ‚Cabaret‘ eine Reise wert, sondern es lohnt sich wirklich, Bozen mit seiner verträumten Altstadt sowie dem südlich mediterranen Flair zu besuchen!

Bei den ‚Vereinigten Bühnen Bozen‘ bin ich bis zum 30. Mai 2009 in einer vollkommen anderen Rolle als der des Kaiser Franz Joseph zu sehen, nämlich in der des ‚Cliff Bradshaw‘ im Musical ‚Cabaret‘.

Es war für mich eine schöne und interessante neue Herausforderung, dieser Rolle gerecht zu werden. Auf jede neue Rolle muss man sich aufs Neue einlassen und hart an ihr arbeiten. Dafür werden zunächst der Text und der Charakter der Rolle studiert. Bei einem Musical wie ‚Cabaret‘ ist es des weiteren wichtig, sich mit den damaligen historischen Begebenheiten auseinander zu setzen, damit eine glaubwürdige Figur entstehen kann. Mit dieser Grundlage wird dann mit dem Regisseur an der Umsetzung in den Szenen gearbeitet.

Probenfoto  Foto: Hermann Maria Gasser

Probenfoto
Foto: Hermann Maria Gasser

Das Einstudieren eines Stückes geschieht auf einer Probebühne oder in einem Proberaum. Erst ein bis zwei Wochen vor der Premiere – von Produktion zu Produktion unterschiedlich – wird schließlich auf der Bühne mit dem tatsächlichen Bühnenbild gearbeitet.

Probenbeginn war für mich der 31. März 09. Ein großer, schöner Proberaum im 7. Stock des Theaters mit Blick auf die Dolomiten (traumhaft!) hat uns den Start in die Proben versüßt! In einem ersten Konzeptionsgespräch wurden wir herzlich von der Theaterleitung und vom Leading Team begrüßt. Es wurden alle Beteiligten der Produktion vorgestellt, des weiteren auch das Regiekonzept sowie auch Bühnenbild und Kostüm.

Von Anfang an wurde ein hohes Tempo angeschlagen, daher waren wir bereits nach den ersten drei Wochen einmal grob durchs Stück durch. Anschließend begannen wir Schritt für Schritt mit den szenischen Feinarbeiten. Für einen Darsteller ist es angenehm, schon in einem recht frühen Probenstadium die Dynamik eines Stückes im Ablauf und den dramaturgischen Spannungsbogen zu erfahren. So kann er sich recht bald ein gutes Gerüst bauen, das ihm erlaubt, sich in den einzelnen Szenen wohl zu fühlen. Während der Endphase der Proben gibt es selten Zeit und Raum auszuprobieren oder Szenen zu verändern, denn dann gilt es die Vereinbarungen aus dem Probenraum auf der Bühne umzusetzen. Die gesamte Bühnentechnik kommt dazu und das Timing der Schauspielszenen, die Songs und die Choreographien müssen entsprechend an die veränderten Bedingungen der Bühne angepasst werden. Zusätzlich verlangen die Stückdurchläufe mit Orchester einen präzisen Ablauf der Proben.

Die Arbeit mit dem Leadingteam war recht entspannt und man ließ einander viel Raum für kreatives Arbeiten. Die Darsteller konnten sehr viele Ideen einbringen und den Charakteren ihre persönliche Note geben. Doch war das Regieteam auch streng und forderte sehr präzises Arbeiten.

Probenfoto Foto: Hermann Maria Gasser

Probenfoto
Foto: Hermann Maria Gasser

Bei den Choreographien waren Paul und James natürlich sehr genau und verlangten den Kit Kat Girls und Boys alles ab. Auf der musikalischen Seite kam uns Stephen Lloyd sehr entgegen und gab uns viele Ideen zur Gestaltung der Songs. Ein Traum war die Arbeit mit den tollen Instrumentalisten, das Orchester „swingt“!

Das gesamte Ensemble ist mit vollem Einsatz dabei. Über die intensive Arbeit der letzten Wochen wurden wir ein eingespieltes Team, in dem jeder einzelne Charakter sehr gut herausgearbeitet wurde.

Die Entwicklung der Figur des Cliff machte in den letzten fünf intensiven Probenwochen sehr viel Spaß, war aber auch sehr anstrengend. Der Charakter dieser Rolle ist sehr vielschichtig und es ist nach wie vor in jeder Vorstellung eine Herausforderung, die emotionalen Farben dieser Rolle so präzise wie möglich darzustellen.

Besonders aufregend war die kreative und äußerst genaue Arbeit mit meinen Schauspielpartnern, in der wir uns immer wieder gegenseitig zu Höchstleistungen anspornten. Es ist immer wieder spannend, aufs Neue zu erleben, wie ein Stück mit den täglichen Proben immer mehr Gestalt annimmt, um schließlich das Publikum zu unterhalten.

Probenfoto Foto: Hermann Maria Gasser

Probenfoto
Foto: Hermann Maria Gasser

Es gibt dann aber doch noch ein Leben außerhalb des Theaters. Das süße Städtchen Bozen lädt gern zu einem gemütlichen Stadtbummel durch die kleinen Gässchen ein und man setzt sich nur zu gerne in eines der einladenden Cafés auf der Piazza Walther und genießt den wohlverdienten Feierabend bei einem Gläschen Veneziano. Auch Ausflüge in die nähere Umgebung, wie zum Beispiel nach Meran oder eine Seilbahnfahrt auf einen der umliegenden Berge Bozens, sind ein guter Ausgleich zu den intensiven Proben, obwohl dies – bei nur einem freien Tag in der Woche – leider etwas zu kurz kommt.

Es ist aber leider traurig anzumerken, dass die Spannungen zwischen der italienisch- und der deutschsprachigen Bevölkerung im alltäglichen Leben doch immer wieder spürbar sind, und nach wie vor ein großes Konfliktpotential in Südtirol besteht.

Es wird deutlich, dass die Themen des Stücks ‚Cabaret‘ auch heute nicht an Gültigkeit verlieren.

F alls ich Euch nun neugierig gemacht habe, würde es mich sehr freuen, einige von Euch in den Zuschauerreihen oder im Kit Kat Klub zu sehen. Denn für die Zuschauer in Bozen gibt es eine Besonderheit. Jene, die rechtzeitig ein entsprechendes Ticket ergattern, können das Musical in der Atmosphäre des Kit Kat Klubs erleben. Insgesamt 32 Plätze sind an Tischen vor der Bühne für Zuschauer reserviert, die uns Schauspieler hautnah erleben wollen.

Ich freue mich auf Euer Kommen!

Ensemble Foto: Hermann Maria Gasser

Ensemble
Foto: Hermann Maria Gasser

Liebe Grüße
Euer Markus Pol

Mein kurzer Überblick über das Stück

Wie kein anderes vereint das Musical ‚Cabaret‘ die Welt des frivolen Glamours und düstere politische Ereignisse auf einer Bühne.

Die Songs ‚Willkommen, Bienvenue, Welcome‘, ‚Cabaret‘, ‚Two Ladies‘, ‚Money Makes the World Go Round‘ und viele weitere gehören zu den populärsten Musicalmelodien überhaupt. Das Unterhaltsame und anspruchsvolle Musical ‚Cabaret‘ aus der Feder von John Kander und Joe Masteroff wurde mehrfach mit dem Tony-Award ausgezeichnet. Die erfolgreiche Verfilmung von Bob Fosse 1972 mit Liza Minnelli in der Rolle der Sally Bowles wurde mit acht Oscars bedacht.

Das Stück spielt im Berlin Ende der 1920er-Jahre, zur Zeit des schleichenden Übergangs von der morbiden Weimarer Republik in die Gewaltherrschaft des Dritten Reiches. Aber trotz der ungeschönten Darstellung dieser turbulenten Zeit hat Librettist Joe Masteroff humorvolle Passagen und emotionale Momente nicht zu kurz kommen lassen. Er hat das Buch nach Christopher William Bradshaw-Isherwoods Erzählungen ‚Berlin Stories‘ und John William Van Drutens Schauspiel ‚I am a Camera‘ verfasst.

Markus Pol und Franz Frickel Foto: Hermann Maria Gasser

Markus Pol und Franz Frickel
Foto: Hermann Maria Gasser

Die Handlung wird erzählt von Cliff (Markus Pol), dem Schriftsteller, der Inspirationen für einen Roman sucht und dabei Begegnungen macht, die das Leben selbst zum politischen Kabarett machen. Er verliebt sich in die Cabaretsängerin Sally (Franziska Lessing) und will sie aus dem zunehmend bedrohlich werdenden Deutschland fort nach Amerika bringen. Ein zwielichtiger Conferencier (Tomas Tomke) unterhält im Kit-Kat-Club sein vergnügungssüchtiges Publikum und die Pensionswirtin Fräulein Schneider (Marion Schüller) verlobt sich mit dem jüdischen Gemüsehändler Herr Schultz (Hans B. Goetzfried) und löst die Verlobung aufgrund der sich zuspitzenden politischen Lage wieder auf.